Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1957  Nr. 28 vom 28.06.1957  - Seite 649 bis 651 - Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle

Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle Bundesgesetzblatt Teill 649 1957 Ausgegeben zu Bonn am 28. Juni 1957 Nr. 28 Tag 26. 6. 57 26. 6. 57 22. 6. 57 25. 6. 57 26. 6. 57 26. 6. 57 Inhalt: Seite Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle ... 649 Gesetz über den Wehrbeauftragten des Bundestages.........................;........... 652 Verordnung zur Änderung und Ergänzung der Zwölften Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen .................................................................... 655 Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Bergmannsprämien...................... 656 Verordnung über Kreuzungsanlagen im Zuge von Bundesfernstraßen...................... 659 Verordnung zur Änderung der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Altsparergesetzes 660 Hinweis auf Verkündungen im Bundesanzeiger .......................................... 660 Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle. Vom 26. Juni 1957. Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: ERSTER ABSCHNITT Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung eines Zuschusses zu den Leistungen aus der Sozialversicherung im Krankheitsfalle des Arbeiters § 1 Grundsatz (1) Ist- ein Arbeiter infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert (Arbeitsunfähigkeit), ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses zu den Leistungen aus der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung. Der Zuschuß ist zu gewähren in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Krankengeld einschließlich der Zuschläge aus der gesetzlichen Krankenversicherung oder dem Rechnungsbetrag des Krankengeldes einschließlich der Zuschläge, der zu zahlen wäre, wenn keine Krankenhauspflege gewährt würde, oder den entsprechenden Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und neunzig vom Hundert des Nettoarbeitsentgelts (§ 2). Durch Gesetz oder Satzung der Versicherungsträger vorgesehene Kürzungen (§ 189 Abs. 2 und § 192 der Reichsversicherungsordnung) werden bei der Berechnung des Zuschusses nicht berücksichtigt. Den Zuschuß hat der Arbeitgeber bis zu einer Dauer der Arbeitsunfähigkeit von sechs Wochen für die Tage zu zahlen, für die der Arbeiter Kranken- oder Hausgeld aus der gesetzlichen Kränkenversicherung oder die entsprechenden Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhält. (2) Der Zuschuß nach Absatz 1 wird erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber gewährt. § 2 Nettoarbeitsentgelt Nettoarbeitsentgelt im Sinne des § 1 ist das um die gesetzlichen Lohnabzüge verminderte Arbeitsentgelt. Der Berechnung wird das durchschnittliche Arbeitsentgelt während der letzten vier den Lohnperioden des Betriebs entsprechenden Wochen, bei Lohnempfängern mit teilmonatlicher oder monatlicher Lohnabrechnung das durchschnittliche Arbeitsentgelt des letzten Kalendermonats oder des entsprechenden Lohnabrechnungszeitraumes zugrunde gelegt. § 3 Beendigung des Arbeitsverhältnisses (1) Der Anspruch auf den Zuschuß gemäß § 1 wird nicht dadurch berührt, daß der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlaß der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Das gleiche gilt, wenn der Arbeiter sein Arbeitsverhältnis aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grund kündigt, der den Arbeiter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. 650 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I (2) Endet das Arbeitsverhältnis vor dem Ablauf von sechs Wochen nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, ohne daß es des Ausspruchs einer Kündigung bedarf, oder infolge einer Kündigung aus anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Gründen, so erlischt der Anspruch des Arbeiters nach § 1 mit diesem Zeitpunkt. § 4 Nichtanrechnung von Versicherungsleistungen Der Arbeiter ist nicht verpflichtet, sich auf den ihm nach § 1 zustehenden Zuschuß solche Beträge anrechnen zu lassen, die ihm für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit aus einer privaten Krankenoder Unfallversicherung zukommen, es sei denn, die Beiträge zu dieser Versicherung trägt der Arbeitgeber. § 5 Heimarbeit (1) Die in Heimarbeit Beschäftigten (§ 1 Abs. 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 – Bun-desgesetzbl. I S. 191) haben gegen den Auftraggeber oder Zwischenmeister Anspruch auf einen Betrag von eins vom Hundert des an sie ausgezahlten reinen Arbeitsentgelts. Den gleichen Anspruch haben die in § 1 Abs. 2 Buchstaben a bis c des Heimarbeitsgesetzes bezeichneten Personen, wenn sie hinsichtlich der Entgeltregelung gleichgestellt sind. (2) Der jeweilige Betrag ist mit dem Arbeitsentgelt auszuzahlen und gesondert in den Entgeltbeleg einzutragen. (3) Unter reinem Arbeitsentgelt ist das Arbeitsentgelt vor Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, jedoch ausschließlich der Unkostenzuschläge zu verstehen. Für die Feststellung des reinen Arbeitsentgelts sind im Zweifel die Eintragungen in dem Entgeltbeleg maßgebend. (4) Zur Sicherung der Ansprüche der von dem Zwischenmeister beschäftigten Heimarbeiter, Hausgewerbetreibenden und in Absatz 1 Satz 2 genannten Personen zahlt der Auftraggeber dem Zwischenmeister, wenn dieser den in Heimarbeit Beschäftigten gemäß § 1 Abs. 2 Buchstabe d des Heimarbeitsgesetzes hinsichtlich der Entgeltregelung gleichgestellt ist, den Betrag von eins vom Hundert des an ihn ausgezahlten reinen Arbeitsentgelts ohne Zwischenmeisterzuschlag. (5) Auf den in diesem Paragraphen vorgesehenen Betrag finden die Vorschriften des Heimarbeitsgesetzes über Mithaftung des Auftraggebers (§ 21 Abs. 2), über Entgeltschutz (§§ 23 bis 27) und über Auskunftspflicht über Entgelte (§ 28) entsprechende Anwendung. § 6 Abdingbarkeit Die Vorschriften dieses Abschnitts können nicht zuungunsten des Arbeiters oder der in § 5 genannten Personen abgedungen werden. § 7 Sonstige Vorschriften über die Lohnfortzahlung bei unverschuldeter Verhinderung des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung § 4 der Anordnung zur Vereinheitlichung der Erziehungsbeihilfen und sonstigen Leistungen an Lehrlinge und Anlernlinge in der privaten Wirtschaft vom 25. Februar 1943 (Reichsarbeitsblatt Teil I S. 164) bleibt unberührt. ZWEITER ABSCHNITT Änderungen und Ergänzungen von Vorschriften des Zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung § 8 Die Reichsversicherungsordnung wird wie folgt geändert und ergänzt: 1. § 182 Abs. 1 Nr. 2 erhält folgende Fassung: "2. Krankengeld in Höhe von fünfzig vom Hundert des Grundlohns für jeden Kalendertag, wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht. Für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit erhöht sich das Krankengeld um fünfzehn vom Hundert des Grundlohns und für einen Versicherten mit einem Angehörigen, den er bisher ganz oder überwiegend unterhalten hat und der mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt, um einen Zuschlag von vier vom Hundert des Grundlohns, für jeden weiteren solchen Angehörigen um je weitere drei vom Hundert des Grundlohns. Der Gesamtbetrag von Krankengeld und Zuschlägen darf fünfundsiebzig vom Hundert des Grundlohns nicht übersteigen. Das Krankengeld wird vom dritten Tage der Arbeitsunfähigkeit an gewährt, vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an jedoch dann, wenn diese länger als zwei Wochen dauert oder auf einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung beruht. Die in § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bezeichneten Versicherten haben keinen Anspruch auf Krankengeld." 2. § 186 Abs. 1 erhält folgende Fassung: "(1) Wird einem Versicherten Krankenhauspflege gewährt, so ist daneben ein Hausgeld zu zahlen; es beträgt fünfundzwanzig vom Hundert des Krankengeldes. Hat der Versicherte bisher einen Angehörigen oder mehrere Angehörige ganz oder überwiegend unterhalten, so beträgt das Hausgeld beim Vorhandensein eines Angehörigen sechsundsechzigzweidrittel vom Hundert des Krankengeldes und erhöht sich für jeden weiteren Angehörigen um zehn vom Hundert des Krankengeldes. Das Hausgeld darf den Betrag des Krankengeldes nicht übersteigen. Es kann unmittelbar an die Angehörigen ausgezahlt werden, soweit es fünfundzwanzig vom Hundert des Krankengeldes über-. steigt." Nr. 28 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. Juni 1957 651 3. § 189 Abs. 1 Satz 3 erhält folgende Fassung: "Zuschüsse des Arbeitgebers zum Krankenoder Hausgeld gelten ohne Rücksicht auf ihre Höhe nicht als Arbeitsentgelt." 4. § 191 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung: "Die Satzung kann das Krankengeld für Versicherte mit Angehörigen, die der Versicherte ganz oder überwiegend unterhalten hat und die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, von der siebenten Woche der Arbeitsunfähigkeit an durch Zuschläge erhöhen." 5. § 194 erhält folgende Fassung: "§ 194 Die Satzung kann das Hausgeld bis auf achtzig vom Hundert des Krankengeldes erhöhen. Die Erhöhung kann an die Voraussetzung geknüpft werden, daß der Versicherte mit besonderen Verpflichtungen belastet ist." 6. In § 195a Abs. 1 Nr. 3 werden die Worte "des Krankengeldes" durch die Worte "von fünfzig vom Hundert des Grundlohns" ersetzt. 7. In § 195 a Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 werden die Worte "des halben Krankengeldes" durch die Worte "von fünfundzwanzig vom Hundert des Grundlohns" ersetzt. 8. § 195 a Abs. 9 erhält folgende Fassung: "(9) Für die in § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 bezeichneten Versicherten werden die in Absatz 1 Nr. 3 und 4 genannten Leistungen nach dem gleichen Grundlohn berechnet, der für die Bemessung der Beiträge maßgebend ist." 9. In § 205 a Abs. 4 werden die Worte "die Hälfte des Krankengeldes" durch die Worte "fünfundzwanzig vom Hundert des Grundlohns" ersetzt. DRITTER ABSCHNITT Schlußvorschriften § 9 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. § 10 Saar-Klausel Dieses Gesetz gilt mit folgender Maßgabe im Saarland: 1. Das Arbeitsentgelt im Sinne dieses Gesetzes schließt auch die "weitere Zulage" nach § 5 der Anordnung zur Hebung der Kaufkraft vom 4. Oktober 1948 (Amtsblatt des Saarlandes 5. 1260) ein. 2. An die Stelle der in § 5 bezeichneten Vorschrift des Heimarbeitsgesetzes treten die entsprechenden Vorschriften des im Saarland gelten- den Gesetzes über die Heimarbeit vom 23. März 1934 in der Fassung vom 30. Oktober 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 2145) und der Verordnung über die Entgeltregelung in der Heimarbeit vom 16. März 1950 (Amtsblatt des Saarlandes S. 234). 3. An die Stelle der in § 7 genannten Vorschrift tritt § 11 der Verordnung zur Festsetzung der Ausbildungsbeihilfen und sonstigen Leistungen an Lehrlinge und Anlernlinge vom 1. September 1956 (Amtsblatt des Saarlandes S. 1246). 4. Der letzte Satz in § 182 Abs. 1 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung in der Fassung des § 8 Nr. 1 dieses Gesetzes sowie § 8 Nr. 8 sind vorerst nicht anzuwenden. 5. § 189 Abs. 1 und § 195 a Abs. 1 Nr. 4 der Reichsversicherungsordnung erhalten die im übrigen Bundesgebiet geltende Fassung. An die Stelle des in § 195 a Abs. 1 Nr. 4 der Reichsversicherungsordnung festgesetzten Mindestbetrages tritt der in § 26 Ziff. 2 c der Satzung der Landesversicherungsanstalt für das Saarland – Stand 1. Dezember 1956 – für das tägliche Stillgeld festgesetzte Betrag. 6. § 3 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 484 über die Erhöhung des Höchstgrundlohns und sonstige Änderungen in der Sozialversicherung vom 12. Dezember 1955 (Amtsblatt des Saarlandes S. 1759) fällt weg. § 11 Inkrafttreten und Aufheben von Vorschriften (1) Dieses Gesetz tritt am Ersten des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. (2) Mit dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes treten alle entgegenstehenden Vorschriften außer Kraft, insbesondere 1. § 11 des Sozialversicherungs-Anpassungs-gesetzes vom 17. Juni 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 99), 2. Nummer 3 der Sozialversicherungs-Anordnung Nr. 30 vom 5. Dezember 1947 (Arbeitsblatt für die britische Zone S. 425). Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 26. Juni 1957. Der Bundespräsident Theodor Heuss Der Bundeskanzler Adenauer Der Bundesminister für Arbeit Anton Storch