Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1958  Nr. 19 vom 28.06.1958  - Seite 412 bis 413 - Bundesgesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung (BWK)

Bundesgesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung (BWK) 412 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1958, Teil I Bundesgesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung (BWK). Vom 25. Juni 1958. Der Bundestag hat. mit. Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: § 1 (1) Personen, die im Sinne des Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz – BEG) in der Fassung des Gesetzes vom 29. Juni 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 559) verfolgt und dadurch in ihrer auf Schädigungen im Sinne der §§ 1 und 82 des Bundesversorgungsgesetzes beruhenden Versorgung geschädigt worden sind (Geschädigte), erhalten als Wiedergutmachung eine Entschädigung nach Maßgabe der §§3 und 4, sofern sie im Zeitpunkt der Entscheidung über die Wiedergutmachung ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben und nicht zu dem nach dem Bundesgesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland (BWKAusl) in der Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1958 (Bundesgesetzbl. I S. 414) zu entschädigenden Personenkreis gehören. Wiedergutmachung erhalten bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch die Hinterbliebenen Geschädigter, die nicht selbst Geschädigte im Sinne des Satzes 1 sind. (2) Wer auf Grund der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatte, erhält Wiedergutmachung nur, wenn er die deutsche Staatsangehörigkeit nach dem 26. April 1945 wiedererworben hat. (3) Dem Anspruch auf Wiedergutmachung steht nicht entgegen, daß Geschädigte oder ihre Hinterbliebenen nicht Deutsche nach Artikel 116 des Grundgesetzes sind. § 2 Von der Wiedergutmachung ist ausgeschlossen, wer Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen gewesen ist oder der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Vorschub geleistet hat; die nominelle Mitgliedschaft in der NSDAP oder in einer ihrer Gliederungen schließt den Anspruch auf Entschädigung nicht aus, wenn der Berechtigte unter Einsatz von Freiheit, Leib oder Leben den Nationalsozialismus aus Gründen, die den Verfolgungsgründen des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes entsprechen, bekämpft hat und deswegen verfolgt worden ist. § 3 (1) Die Entschädigung ist von dem Zeitpunkt an zu gewähren, von dem an die Geschädigten die nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften zu gewährenden Versorgungsbezüge nicht oder nicht zur freien Verfügung erhalten haben oder an der Geltendmachung von Ansprüchen gehindert worden sind. Sie wird bis zu dem Zeitpunkt gezahlt, von dem an die Voraussetzungen für eine Versorgung nach den Vorschriften der Länder oder des Bundesversorgungsgesetzes gegeben waren. (2) Die Entschädigung ist nach den Vorschriften festzustellen, die für die Zeit von der Entziehung der Versorgungsbezüge an am jeweiligen Wohnsitz oder dauernden Aufenthaltsort des Geschädigten oder Hinterbliebenen maßgebend waren. Zeiten, in denen eine Kriegsopferversorgung nicht gewährt worden ist, scheiden aus. (3) Für Zeiten eines Aufenthalts im Ausland richtet sich die Entschädigung nach den Vorschriften des Bundesgesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland (BWKAusl) in der Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1958 (Bundesgesetzbl. I S. 414). § 4 (1) Auf die nach diesem Gesetz zu gewährenden Leistungen werden die wegen der Folgen einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes nach anderen versorgungsrechtlichen Vorschriften für die gleiche Zeit gewährten Leistungen angerechnet. Die Grundsätze des bürgerlichen Rechts über die Anrechnung eines im Zusammenhang mit dem Schaden erlangten Vorteils gelten sinngemäß. (2) Entschädigungsleistungen für die Zeit vor der Währungsumstellung werden in Reichsmark berechnet und im Verhältnis 10 : 2 in Deutsche Mark umgerechnet. Das Umrechnungsverhältnis 10 : 2 gilt auch für die nach Absatz 1 anzurechnenden Leistungen, sofern diese in Reichsmark bewirkt worden sind. § 5 Leistungen nach diesem Gesetz werden nur auf Antrag gewährt. Der Antrag ist zur Vermeidung des Ausschlusses bis zum 30. Juni 1959 zu stellen. § 6 (1) Die Zuständigkeit und das Verwaltungsverfahren bestimmen sich nach dem Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung vom 2. Mai 1955 (Bundesgesetzbl. I S. 202). (2) Für Streitigkeiten ist der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. Für das Vorverfahren und das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes maßgebend. Nr. 19 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. Juni 1958 413 § 7 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden das Gesetz über die Behandlung der Verfolgten des Nationalsozialismus in der Sozialversicherung vom 22. August 1949 (WiGBl. S. 263) und die sonstigen im Geltungsbereich dieses Gesetzes geltenden Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts, soweit sie die Kriegsopferversorgung nach diesem Gesetz betreffen, außer Kraft gesetzt. § 8 (1) Ist bereits eine Entschädigung nach den in § 7 genannten Vorschriften gezahlt worden und ergeben sich nach diesem Gesetz höhere Ansprüche, so werden diese nur auf Antrag gewährt. § 5 gilt entsprechend. (2) Ist über einen Antrag nach den in § 7 genannten Vorschriften noch nicht entschieden worden, so gilt er als Antrag nach diesem Gesetz. (3) Soweit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes höhere Entschädigungsleistungen durch Bescheid oder rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen festgesetzt worden sind, behält es hierbei zugunsten des Berechtigten sein Bewenden. §§ 41, 42 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegs-oplerversorgung vom 2. Mai 1955 (Bundesgesetzblatt I S. 202) bleiben unberührt. § 9 (1) Der Anspruch auf Entschädigung geht auf die Erben über. Für die Anmeldung gilt § 5 entsprechend. (2) Ein Übergang im Erbwege findet nicht statt, wenn der Anspruch einer Person zustehen würde, a) auf die der Anspruch nach dem offenkundigen Willen des verstorbenen Geschädigten nicht übergehen sollte; b) die nach § 2 einen Anspruch auf Entschädigung nicht geltend machen kann; c) die weder Ehegatte noch gesetzlicher Erbe der ersten oder zweiten Ordnung ist oder wäre. § 10 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. § 11 (1) Die nach § 4 Abs. 2 errechneten Beträge in Deutscher Mark sind im Saarland bis zum Ende der Übergangszeit nach Artikel 3 des Saarvertrages vom 27. Oktober 1956 (Bundesgesetzbl. II S. 1587) in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 der Dritten Verordnung über die Erhöhung der Unterhaltsansprüche und sonstigen Beträge in gerichtlichen Angelegenheiten vom 7. März 1951 (Amtsblatt des Saarlandes S. 441) umzurechnen. (2) Soweit indessen nach § 3 Abs. 2 saarländische Vorschriften, in denen Beträge in französischen Franken erwähnt werden, maßgebend sind, ist § 4 Abs. 2 nicht anzuwenden. (3) Die Zuständigkeit und das Verfahren (§ 6) richten sich im Saarland bis zur Einführung des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung und des Sozialgerichtsgesetzes nach den geltenden saarländischen Bestimmungen, § 12 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 25. Juni 1958. Für den Bundespräsidenten Der Präsident des Bundesrates Brandt Der Stellvertreter des Bundeskanzlers Ludwig Erhard Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Blank