Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1994  Nr. 69 vom 13.10.1994  - Seite 2846 bis 2848 - Gesetz über die Werbung für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung (Säuglingsnahrungswerbegesetz - SNWG)

Gesetz über die Werbung für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung (Säuglingsnahrungswerbegesetz – SNWG) 2846 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1994, Teil I Gesetz über die Werbung für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung (Säuglingsnahrungswerbegesetz - SNWG)*) Vom 10. Oktober 1994 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: §1 Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz regelt die Werbung für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung. (2) Unberührt bleiben sonstige Vorschriften über die Werbung. §2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Gesetzes sind: 1. Säuglinge: Kinder unter zwölf Monaten; 2. Kleinkinder: Kinder zwischen ein und drei Jahren; 3. Säuglingsanfangsnahrung: Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen während der ersten vier bis sechs Lebensmonate bestimmt sind und für sich allein den Ernährungserfordernissen dieser Personengruppe entsprechen; 4. Folgenahrung: Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen über vier Monate bestimmt sind und den größten flüssigen Anteil einer nach und nach abwechslungsreicheren Kost dieser Personengruppe ausmachen. §3 Einschränkungen der Werbung (1) Es ist verboten, Werbung für Säuglingsanfangsnahrung oder Folgenahrung zu betreiben, die 1. nicht die notwendigen Informationen über die bestimmungsgemäße Verwendung dieser Erzeugnisse vermittelt; 2. darauf gerichtet ist, vom Stillen abzuhalten; 3. die Begriffe "humanisiert", "matemisiert" oder gleichsinnige Begriffe verwendet; 4. den Begriff "adaptiert" verwendet, wenn das Erzeugnis die in der Anlage für diesen Begriff festgelegten Anforderungen nicht erfüllt. (2) Darüber hinaus ist es verboten, Werbung für Säug-lingsanfangsnahrung zu betreiben, die 1. andere die Zusammensetzung betreffende Werbeaussagen als die in der Anlage aufgeführten verwendet; *) Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Artikel 7 Abs. 7 Buchstabe b, Artikel 8 und 9 Abs. 2 und Abs. 3 der Richtlinie 91/321 /EWG der Kommission vom 14. Mai 1991 über Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung (ABI. EG Nr. L175 S. 35). ausgenommen sind zutreffende und wissenschaftlich hinreichend gesicherte Sachinformationen; 2. die in der Anlage in den Nummern 2 bis 6 genannten Werbeaussagen verwendet, wenn das Erzeugnis die dort festgelegten Anforderungen nicht erfüllt; 3. in anderen als wissenschaftlichen oder der Säuglingspflege gewidmeten Veröffentlichungen erscheint; 4. andere als sachbezogene und wissenschaftliche Informationen enthält; diese dürfen nicht den Eindruck erwecken oder darauf hindeuten, daß Flaschennahrung der Muttermilch gleichwertig oder überlegen ist; 5. Kinderbilder oder andere Bilder, ausgenommen Zeichnungen zur leichteren Identifizierung des Erzeugnisses oder zur Illustration der Zubereitung, enthält oder durch einen bestimmten Wortlaut den Gebrauch des Erzeugnisses idealisiert; 6. nicht einen deutlich sichtbaren und als "wichtig" bezeichneten Hinweis auf die Überlegenheit des Stillens enthält mit der Empfehlung, das Erzeugnis nur auf den Rat unabhängiger Fachleute auf dem Gebiet der Medizin, der Ernährung, des Arzneimittelwesens oder der Säuglings- und Kinderpflege zu verwenden; 7. die Verbraucher im Sinne des § 6 Abs. 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes durch Verteilung von Proben, Abgabe kostenloser oder verbilligter Erzeugnisse oder durch andere zusätzliche Kaufanreize, sei es direkt oder indirekt über in der Gesundheitsvorsorge tätige Institutionen oder Personen, zum Kauf anregt. §4 Materialien und Gegenstände zu Inf ormations- und Ausbildungszwecken (1) Geschriebenes oder audiovisuelles Material über die Ernährung von Säuglingen, das sich an schwangere Frauen und Mütter von Säuglingen und Kleinkindern zu Informations- und Ausbildungszwecken richtet und mittelbar der Werbung für Säuglingsanfangsnahrung oder Folgenahrung dient, darf nur verteilt werden, wenn es klare Auskünfte gibt über: 1. den Nutzen und die Vorzüge des Stillens; 2. die Ernährung der Mutter sowie die Vorbereitung auf das Stillen und Möglichkeiten zur Fortsetzung des Stillens; 3. die mögliche negative Auswirkung der zusätzlichen Flaschennahrung auf das Stillen; 4. die Schwierigkeit, den Entschluß, nicht zu stillen, rückgängig zu machen; 5. erforderlichenfalls die sachgemäße Verwendung der industriell hergestellten oder zu Hause zubereiteten Säuglingsanfangsnahrung. Nr. 69 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 13. Oktober 1994 2847 (2) Wenn das Material im Sinne des Absatzes 1 Informationen über die Verwendung von Säuglingsanfangsnahrung enthält, darf es darüber hinaus nur verteilt werden, wenn es Auskunft über die sozialen und finanziellen Auswirkungen dieser Verwendung sowie über die Gefährdung der Gesundheit durch die Verwendung von als Säuglingsanfangsnahrung nicht geeigneter Lebensmittel, durch unangemessene Ernährungsmethoden und durch unsachgemäße Verwendung von Säuglingsanfangsnah-rung gibt. (3) Es ist verboten, Material im Sinne des Absatzes 1 zu verteilen, in oder auf dem Bilder verwendet werden, mit denen die Verwendung von Säuglingsanfangsnahrung idealisiert wird. (4) Herstellern und Händlern von Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung ist es verboten, kostenlos Gegenstände zu Informations- und Ausbildungszwecken, welche mittelbar der Werbung für Säuglingsanfangsnahrung oder Folgenahrung dienen, zu verteilen. Dies gilt nicht, wenn diese Gegenstände auf Wunsch über in der Gesundheitsvorsorge tätige Institutionen abgegeben werden. In diesem Fall dürfen diese Gegenstände nicht mit Handelsmarken für Säuglingsanfangsnahrung oder Folgenahrung versehen sein. Die weiteren Anforderungen an die Verteilung richten sich nach Landesrecht. §5 Überwachung Für die Überwachung der in diesem Gesetz festgelegten Gebote und Verbote sind die §§ 40 bis 41 Abs. 4, §§ 42 bis 43a, § 44 Nr. 1 und 2 erster Halbsatz, § 45 erster Halbsatz und § 46 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden. §6 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 3 Werbung betreibt oder 2. entgegen § 4 Abs. 1 bis 3 oder Abs. 4 Satz 1 einen Gegenstand oder Material verteilt. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Deutsche Mark geahndet werden. (3) Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht, können eingezogen werden. §7 Inkrafttreten (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. (2) Werbematerial nach § 3 und Materialien und Gegenstände nach § 4, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes nach den bisher geltenden Vorschriften hergestellt worden sind, dürfen noch bis zum 1. Mai 1995 verwendet werden. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet. Berlin, den 10. Oktober 1994 Der Bundespräsident Roman Herzog Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Der Bundesminister für Gesundheit Horst Seehofer 2848 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1994, Teil I Anlage (zu §3) Zulässige Werbeaussagen Voraussetzung für die Verwendung der Werbeaussage 1. Adaptiertes Protein Der Proteingehalt liegt unter 0.6 g/100 kJ (2.5 g/100 kcal) bezogen auf das verzehrfertige Erzeugnis, und das Verhältnis zwischen Molkenproteinen und Casein beträgt mindestens 1,0. 2. Niedriger Natriumgehalt Der Natriumgehalt liegt unter 9 mg/100 kj (39 mg/100 kcal) bezogen auf das verzehrfertige Erzeugnis. 3. Saccharosefrei Saccharose ist nicht enthalten. 4. Nur Lactose enthalten Lactose ist das einzige vorhandene Kohlenhydrat. 5. Lactosefrei Lactose ist nicht enthalten. 6. Mit Eisen angereichert Eisen wurde zugesetzt.