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Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 20, ausgegeben zu Bonn am 22. Juni 2022
Verordnung
über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte
und Dienstleistungen nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
(Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz BFSGV)1
Vom 15. Juni 2022
Auf Grund des § 3 Absatz 2 des Barrierefreiheits
stärkungsgesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2970)
in Verbindung mit § 1 Absatz 2 des Zuständigkeits
anpassungsgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I
S. 3165) und dem Organisationserlass vom 8. Dezem
ber 2021 (BGBl. I S. 5176) verordnet das Bundesminis
terium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit
dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundes
ministerium für Gesundheit, dem Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Bundesminis
terium für Digitales und Verkehr:
Inhaltsübersicht
§
§
§
§
1
2
3
4
§ 5
§ 6
§ 7
§ 8
§ 9
§ 10
§ 11
§ 12
§ 13
§ 14
§ 15
§ 16
§ 17
§ 18
§ 19
§ 20
§ 21
§ 22
1
Anwendungsbereich
Begriffsbestimmungen
Stand der Technik
Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen für
Produkte
Anforderungen an Produktverpackungen und Anleitungen
Anforderungen an Gestaltung von Benutzerschnittstelle
und Funktionalität von Produkten
Zusätzliche branchenspezifische Anforderungen an
Selbstbedienungsterminals
Zusätzliche branchenspezifische Anforderungen an
E-Book-Lesegeräte
Zusätzliche branchenspezifische Anforderungen an Ver
braucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang, die
zur Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten ein
gesetzt werden
Zusätzliche branchenspezifische Anforderungen an Ver
braucherendgeräte mit interaktivem Leistungsumfang, die
für den Zugang zu audiovisuellen Mediendiensten ver
wendet werden
Unterstützungsdienste
Allgemeine Anforderungen an Dienstleistungen
Zusätzliche Anforderungen an bestimmte Dienstleistun
gen
Zusätzliche Anforderungen an Telekommunikations
dienste
Zusätzliche Anforderungen an Personenbeförderungs
dienste
Zusätzliche Anforderungen an Stadt-, Vorort- und Regio
nalverkehrsdienste
Zusätzliche Anforderungen an Bankdienstleistungen für
Verbraucher
Zusätzliche Anforderungen an E-Books
Zusätzliche Anforderungen an Dienstleistungen im elek
tronischen Geschäftsverkehr
Anwendung von funktionalen Leistungskriterien
Funktionale Leistungskriterien
Inkrafttreten
Diese Verordnung dient der Umsetzung des Anhangs I der Richtlinie
(EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte
und Dienstleistungen (ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70).
§1
Anwendungsbereich
Diese Verordnung ist auf Produkte im Sinne des § 1
Absatz 2 des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes und
Dienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 3 des Barrie
refreiheitsstärkungsgesetzes anzuwenden.
§2
Begriffsbestimmungen
Für diese Verordnung gelten neben den Begriffsbe
stimmungen des § 2 des Barrierefreiheitsstärkungsge
setzes die folgenden Begriffsbestimmungen:
1. Gesamtgesprächsdienst: ein Gesamtgesprächs
dienst im Sinne des Artikels 2 Nummer 35 der Richt
linie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den
europäischen Kodex für die elektronische Kommu
nikation (Neufassung) (ABl. L 321 vom 17.12.2018,
S. 36);
2. Identifizierungsmethode: jede Methode zum Erhe
ben von Angaben zum Zweck der Identifizierung
und zur Überprüfung dieser Angaben zum Zweck
der Identifizierung;
3. Sicherheitsfunktion: jede Funktion zum Schutz der
Sicherheit in der Informationstechnik im Sinne des
§ 2 Absatz 2 Satz 4 des BSI-Gesetzes vom 14. Au
gust 2009 (BGBl. I S. 2821), das zuletzt durch Ar
tikel 12 des Gesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I
S. 1982) geändert worden ist;
4. Intelligente Ticketsysteme: Systeme im Sinne des
§ 2 Nummer 40 des Barrierefreiheitsstärkungsge
setzes sowie Systeme, in denen Reservierungen
und Buchungen mithilfe eines Geräts mit interak
tivem Leistungsumfang unter anderem online vorge
nommen und dem Verbraucher elektronisch über
mittelt werden, damit sie in Papierform ausgedruckt
oder mithilfe eines Geräts mit interaktivem Leis
tungsumfang während der Fahrt angezeigt werden
können.
§3
Stand der Technik
(1) Bei der Erfüllung der Anforderungen nach dieser
Rechtsverordnung ist der Stand der Technik zu beach
ten. Von dem Stand der Technik kann abgewichen
werden, wenn auf andere Weise die Anforderungen
dieser Rechtsverordnung in gleichem Maße erfüllt wer
den.
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(2) Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit veröf
fentlicht auf ihrer Website regelmäßig
1. eine Auflistung der wichtigsten zu beachtenden
Standards, aus denen die Barrierefreiheitsanforde
rungen für die in § 1 genannten Produkte und
Dienstleistungen detailliert hervorgehen,
2. Konformitätstabellen, die einen Überblick zu den
wichtigsten Barrierefreiheitsanforderungen für die
in § 1 genannten Produkte und Dienstleistungen ge
ben und
3. aktuelle Informationen zu den zu beachtenden Stan
dards.
§4
Anforderungen an die
Bereitstellung von Informationen für Produkte
(1) Informationen zur Nutzung des Produkts auf
dem Produkt selbst, wie die Kennzeichnungen, die Ge
brauchsanleitung und die Warnhinweise müssen
1. über mehr als einen sensorischen Kanal zur Verfü
gung gestellt werden,
2. in verständlicher Weise dargestellt werden,
8. eine Beschreibung der Benutzerschnittstellen des
Produkts, wie Handhabung, Steuerung und Rück
meldung, Eingabe und Ausgabe enthalten, wobei
die Beschreibung die in § 6 aufgezählten Anforde
rungen erfüllen muss; dabei muss in der Beschrei
bung jeweils angegeben werden, ob das Produkt
die in § 6 genannten Bestandteile, Funktionen und
Merkmale aufweist,
9. eine barrierefreie Beschreibung der Produktfunk
tionalität enthalten und dabei die in § 6 aufgezähl
ten Anforderungen erfüllen; dabei muss in der Be
schreibung jeweils angegeben werden, ob das
Produkt die in § 6 genannten Bestandteile, Funk
tionen und Merkmale aufweist und
10. eine Beschreibung der Soft- und Hardwareschnitt
stelle des Produkts mit Hilfsmitteln enthalten, wo
bei die Beschreibung auch eine Liste derjenigen
Hilfsmittel enthalten muss, die zusammen mit
dem Produkt getestet wurden.
(3) Die Informationen nach den Absätzen 1 und 2
sind, soweit es möglich ist, in oder auf dem Produkt
selbst anzugeben.
3. den Verbrauchern auf eine Weise dargestellt wer
den, die sie wahrnehmen können und
§5
4. in einer Schriftart mit angemessener Größe und mit
geeigneter Form unter Berücksichtigung des vorher
sehbaren Nutzungskontexts und mit ausreichendem
Kontrast sowie ausreichenden Abständen zwischen
den Buchstaben, Zeilen und Absätzen dargestellt
werden.
Anforderungen an
Produktverpackungen und Anleitungen
(2) Informationen zu den Barrierefreiheitsfunktionen
des Produkts, deren Aktivierung und deren Interopera
bilität mit assistiven Technologien sowie Informationen
zur Nutzung des Produkts, die nicht auf dem Produkt
selbst angegeben sind, sondern bei der Nutzung des
Produkts oder auf anderem Wege, beispielsweise über
eine Webseite, bereitgestellt werden, sind bei Inver
kehrbringen des Produkts öffentlich verfügbar zu ma
chen und müssen
1. über mehr als einen sensorischen Kanal zur Verfü
gung gestellt werden,
2. für den Verbraucher auffindbar sein,
3. in verständlicher Weise dargestellt werden,
4. den Verbrauchern auf eine Weise dargestellt wer
den, die sie wahrnehmen können,
5. in einer Schriftart mit angemessener Größe und mit
geeigneter Form unter Berücksichtigung des vor
hersehbaren Nutzungskontexts und mit ausrei
chendem Kontrast sowie anpassbaren Abständen
zwischen den Buchstaben, Zeilen und Absätzen
dargestellt werden,
6. hinsichtlich ihres Inhalts in Textformaten zur Verfü
gung gestellt werden, die sich zum Generieren al
ternativer assistiver Formate eignen, die in unter
schiedlicher Art dargestellt werden und über mehr
als einen sensorischen Kanal wahrgenommen wer
den können,
7. mit einer alternativen Darstellung des Inhalts ange
boten werden, wenn Elemente nicht-textlichen In
halts enthalten sind,
929
Die Verpackungen und Anleitungen der Produkte, mit
Ausnahme von Selbstbedienungsterminals im Sinne des
§ 1 Absatz 2 Nummer 2 des Barrierefreiheitsstärkungs
gesetzes müssen folgende Anforderungen erfüllen:
1. die Informationen zur Produktverpackung, wie etwa
zum Öffnen, zum Schließen, zur Verwendung oder
zur Entsorgung, und, sofern bereitgestellt, die Infor
mationen über die Barrierefreiheitsmerkmale des
Produkts, müssen die Anforderungen des § 4 Ab
satz 1 erfüllen, wobei all diese Informationen auf
der Verpackung angebracht werden müssen, soweit
dies aufgrund der Größe oder der Art der Verpa
ckung möglich ist und
2. die Anleitungen zur Installation und Wartung, Lage
rung und Entsorgung, die nicht auf dem Produkt
selbst angebracht sind, sondern auf anderem Wege,
beispielsweise über eine Webseite, bereitgestellt
werden, müssen bei Inverkehrbringen des Produkts
öffentlich zugänglich sein und folgenden Anforde
rungen genügen:
a) sie werden über mehr als einen sensorischen Ka
nal zur Verfügung gestellt,
b) sie sind für den Verbraucher auffindbar,
c) sie werden in verständlicher Weise dargestellt,
d) sie werden den Verbrauchern auf eine Weise dar
gestellt, die sie wahrnehmen können,
e) sie werden in einer Schriftart mit angemessener
Größe und mit geeigneter Form unter Berück
sichtigung des vorhersehbaren Nutzungskon
texts und mit ausreichendem Kontrast sowie
anpassbaren Abständen zwischen den Buchsta
ben, Zeilen und Absätzen dargestellt,
930
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 20, ausgegeben zu Bonn am 22. Juni 2022
f) der Inhalt der Anleitungen wird in Textformaten
zur Verfügung gestellt, die sich zum Generieren
alternativer assistiver Formate durch den Ver
braucher eignen, die auf unterschiedliche Art
dargestellt und über mehr als einen sensorischen
Kanal wahrgenommen werden können und
g) es wird eine alternative Darstellung des Inhalts
angeboten, wenn Elemente nicht-textlichen In
halts enthalten sind.
§6
7. bei zwingend erforderlicher manueller Bedienung
und Steuerung
a) sequenzielle Steuerung und Alternativen zur fein
motorischen Steuerung zur Verfügung stellen,
um eine gleichzeitige Bedienung mit Handgrif
fen zu vermeiden und
b) taktil erkennbare Teile verwenden,
8. Bedienungsformen vermeiden, die eine erhebliche
Reichweite und großen Kraftaufwand erfordern,
9. das Auslösen fotosensitiver Anfälle vermeiden,
Anforderungen
an Gestaltung von
Benutzerschnittstelle und
Funktionalität von Produkten
10. bei Nutzung der Barrierefreiheitsfunktionen durch
den Verbraucher dessen Privatsphäre schützen,
(1) Das Produkt, einschließlich seiner Benutzer
schnittstelle, muss Bestandteile, Funktionen und Merk
male enthalten, die es Menschen mit Behinderungen
ermöglichen, auf das Produkt zuzugreifen, es wahrzu
nehmen, zu bedienen, zu verstehen und zu steuern.
12. die Konsistenz der Funktionalitäten wahren und aus
reichend Zeit und eine flexible Zeitmenge für die
Interaktionen zur Verfügung stellen und
(2) Das Produkt muss
1. Kommunikation, einschließlich zwischenmensch
licher Kommunikation, Bedienung, Information,
Steuerung und Orientierung über mehr als einen
sensorischen Kanal ermöglichen, soweit es Kom
munikation anbietet; das schließt auch die Bereit
stellung von Alternativen zu visuellen, auditiven,
gesprochenen und taktilen Elementen ein,
2. bei Verwendung von gesprochener Sprache Alter
nativen zur gesprochenen Sprache und zur stimm
lichen Eingabe für die Kommunikation, Bedienung,
Steuerung und Orientierung zur Verfügung stellen,
3. bei Verwendung visueller Elemente
a) eine flexible Einstellung der Größe, der Helligkeit
und des Kontrastes für die Kommunikation, In
formation und Bedienung sowie zur Gewährleis
tung der Interoperabilität mit Programmen und
Hilfsmitteln zur Navigation in der Schnittstelle
ermöglichen und
b) für die Verbesserung der visuellen Klarheit flexi
ble Möglichkeiten zur Verfügung stellen,
4. Alternativen zu Farben zur Verfügung stellen, wenn
mittels Farben Informationen mitgeteilt werden,
über eine Handlung informiert wird, zu einer Reak
tion aufgefordert wird oder Elemente gekennzeich
net werden,
5. Alternativen zu hörbaren Signalen zur Verfügung
stellen, wenn mittels hörbarer Signale Informatio
nen mitgeteilt werden, über eine Handlung infor
miert wird, zu einer Reaktion aufgefordert wird
oder Elemente gekennzeichnet werden,
6. bei der Verwendung von Audio-Elementen
a) es dem Verbraucher ermöglichen, die Laut
stärke und Geschwindigkeit zu regeln und
b) erweiterte Audiofunktionen, wie die Verringe
rung von störenden Audiosignalen von Geräten
in der Umgebung und auditive Klarheit, zur Ver
fügung stellen,
11. Alternativen zur biometrischen Identifizierung und
Steuerung anbieten,
13. Software und Hardware für Schnittstellen zu den
assistiven Technologien aufweisen.
§7
Zusätzliche branchenspezifische
Anforderungen an Selbstbedienungsterminals
(1) Selbstbedienungsterminals müssen
1. mit Sprachausgabe ausgestattet sein,
2. die Benutzung von Einzel-Kopfhörern ermöglichen,
3. den Verbraucher über mehr als einen sensorischen
Kanal darauf hinweisen, wenn die für die erforder
liche Antwort zur Verfügung gestellte Zeit begrenzt
ist,
4. die Verlängerung der für die Antwort zur Verfügung
gestellten Zeit ermöglichen,
5. mit Tasten und Bedienelementen mit ausreichen
dem Kontrast und taktiler Erkennbarkeit ausgestat
tet sein, soweit Tasten und Bedienelemente ver
wendet werden und
6. bei der Verwendung von Audiosignalen oder akus
tischen Signalen solche Audiosignale oder akusti
sche Signale verwenden, die mit auf Unionsebene
verfügbaren Hilfsmitteln und Technologien, etwa
mit Hörhilfetechnologie wie Hörgeräten, Telefon
spulen, Cochlea-Implantaten und technischen Hör
hilfen, kompatibel sind.
(2) Selbstbedienungsterminals müssen Informatio
nen über die Aktivierung der Barrierefreiheitsfunktionen
über mehr als einen sensorischen Kanal bereitstellen,
um dem Verbraucher die Nutzung der Barrierefreiheits
funktionen zu ermöglichen.
§8
Zusätzliche branchenspezifische
Anforderungen an E-Book-Lesegeräte
E-Book-Lesegeräte müssen mit Sprachausgabe aus
gestattet sein.
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§9
Zusätzliche
branchenspezifische Anforderungen
an Verbraucherendgeräte mit interaktivem
Leistungsumfang, die zur Bereitstellung von
Telekommunikationsdiensten eingesetzt werden
Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungs
umfang, die zur Bereitstellung von Telekommunika
tionsdiensten eingesetzt werden, müssen
931
dass für die Erbringung der Dienstleistung Produkte
verwendet werden, die Bereitstellung von Informa
tionen über die Verbindung der Dienstleistung zu
diesen Produkten sowie über die Barrierefreiheits
merkmale und die Interoperabilität dieser Produkte
mit assistiven Technologien folgende Anforderungen
erfüllen:
a) die Informationen werden über mehr als einen
sensorischen Kanal bereitgestellt,
1. die Verarbeitung von Text in Echtzeit unterstützen,
wenn sie zusätzlich zu Sprache auch Text verwen
den,
b) sie sind für den Verbraucher auffindbar,
2. eine hohe Audioqualität unterstützen,
d) sie werden den Verbrauchern auf eine Weise dar
gestellt, die sie wahrnehmen können,
3. die Abwicklung von Gesamtgesprächsdiensten un
terstützen, wenn sie zusätzlich zu Text und Sprache
oder in Kombination damit auch Video verwenden;
dies schließt synchronisierte Sprache, Text in Echt
zeit und Video mit einer Bildauflösung, die die Ver
ständigung über Gebärdensprache ermöglicht, ein,
4. eine effektive drahtlose Verbindung zu Hörhilfetech
nologie sicherstellen und
5. so gestaltet sein, dass keine Interferenzen mit Hilfs
mitteln auftreten.
§ 10
Zusätzliche
branchenspezifische Anforderungen an
Verbraucherendgeräte mit interaktivem
Leistungsumfang, die für den Zugang zu
audiovisuellen Mediendiensten verwendet werden
Verbraucherendgeräte mit interaktivem Leistungs
umfang, die für den Zugang zu audiovisuellen Medien
diensten verwendet werden, müssen Menschen mit Be
hinderungen diejenigen Barrierefreiheitskomponenten
bereitstellen, die der Anbieter audiovisueller Medien
dienste für den Benutzerzugang, die Auswahl von
Optionen, die Steuerung, die Personalisierung und die
Übertragung an Hilfsmittel zur Verfügung stellt.
§ 11
Unterstützungsdienste
Wenn Unterstützungsdienste wie Help-Desk, CallCenter, technische Unterstützung, Relaisdienste und
Schulungsdienste verfügbar sind, müssen sie Informa
tionen über die Barrierefreiheit und die Kompatibilität
des Produkts mit assistiven Technologien mittels bar
rierefreien Kommunikationsmitteln bereitstellen.
c) sie werden in verständlicher Weise dargestellt,
e) der Informationsinhalt wird in Textformaten zur
Verfügung gestellt, die sich zum Generieren alter
nativer assistiver Formate durch den Verbraucher
eignen, die auf unterschiedliche Art dargestellt
und über mehr als einen sensorischen Kanal
wahrgenommen werden können,
f) sie werden in einer Schriftart mit angemessener
Größe und mit geeigneter Form unter Berück
sichtigung des vorhersehbaren Nutzungskon
texts und mit ausreichendem Kontrast sowie
ausreichenden Abständen zwischen den Buch
staben, Zeilen und Absätzen dargestellt,
g) es wird eine alternative Darstellung des Inhalts
angeboten, wenn Elemente nicht-textlichen In
halts enthalten sind,
h) die für die Erbringung der Dienstleistung erfor
derlichen digitalen Informationen werden auf
konsistente und angemessene Weise bereitge
stellt, indem sie wahrnehmbar, bedienbar, ver
ständlich und robust gestaltet werden,
3. Webseiten, einschließlich der zugehörigen OnlineAnwendungen und auf Mobilgeräten angebotenen
Dienstleistungen, einschließlich mobiler Apps, auf
konsistente und angemessene Weise wahrnehmbar,
bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden
und
§ 12
4. im Fall der Verfügbarkeit von Unterstützungsdiens
ten wie Help-Desk, Call-Center, technische Unter
stützung, Relaisdienste und Schulungsdienste diese
die Informationen über die Barrierefreiheit und die
Kompatibilität der Dienstleistung mit assistiven Tech
nologien mit barrierefreien Kommunikationsmitteln
bereitstellen.
Allgemeine
Anforderungen an Dienstleistungen
§ 13
Damit Dienstleistungen die Anforderungen des § 3
Absatz 1 Satz 2 Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erfül
len, müssen
1. Produkte im Sinne des § 1 Absatz 2 des Barrierefrei
heitsstärkungsgesetzes, die zur Erbringung der
Dienstleistung verwendet werden, die Anforderun
gen der §§ 4 und 6 bis 11 und, soweit anwendbar,
die Anforderungen des § 5 erfüllen,
2. die Bereitstellung von Informationen über die Funk
tionsweise der Dienstleistung sowie für den Fall,
Zusätzliche Anforderungen
an bestimmte Dienstleistungen
Damit Menschen mit Behinderungen die Dienstleis
tungen der §§ 14 bis 19 in größtmöglichem Umfang
nutzen können, müssen diese Dienstleistungen Funk
tionen, Vorgehensweisen, Strategien und Verfahren
sowie Änderungen bei der Ausführung vorsehen, die
auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen
ausgerichtet sind und die Interoperabilität mit assis
tiven Technologien gewährleisten.
932
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 20, ausgegeben zu Bonn am 22. Juni 2022
§ 14
§ 18
Zusätzliche Anforderungen
an Telekommunikationsdienste
Zusätzliche
Anforderungen an E-Books
Bei Telekommunikationsdiensten, die Sprachkom
munikation ermöglichen, muss zusätzlich zur Sprach
kommunikation Text in Echtzeit bereitgestellt werden.
Soweit die Telekommunikationsdienste Video zur Ver
fügung stellen, muss ein Gesamtgesprächsdienst be
reitgestellt werden.
1. die synchronisierte Bereitstellung von Text- und
Audioinhalten gewährleisten, sofern sie neben Textauch Audioinhalte enthalten,
§ 15
Zusätzliche Anforderungen
an Personenbeförderungsdienste
Bei Personenbeförderungsdiensten im Luft-, Bus-,
Schienen- und Schiffsverkehr, ausgenommen Stadt-,
Vorort- sowie Regionalverkehrsdienste, muss die Be
reitstellung gewährleistet werden von:
1. Informationen über die Barrierefreiheit der Verkehrs
mittel, der umliegenden Infrastruktur und Gebäude
sowie die Unterstützung für Menschen mit Behinde
rungen;
2. Informationen zu intelligenten Ticketsystemen, wie
der elektronischen Reservierung und Buchung von
Fahrausweisen;
3. Reiseinformationen in Echtzeit wie Fahrpläne, Infor
mationen über Verkehrsstörungen, Anschlüsse und
die Weiterreise mit anderen Verkehrsmitteln;
4. zusätzlichen Serviceinformationen, wie am Bahnhof
im Dienst befindliches Servicepersonal, defekte
Aufzüge oder vorübergehend nicht verfügbare
Dienstleistungen.
E-Books müssen
2. gewährleisten, dass die Dateien des E-Books die
ordnungsgemäße Funktionsweise assistiver Tech
nologien nicht verhindern,
3. den Zugang zu Inhalten gewährleisten,
4. die Navigation im Dateiinhalt und im Layout ein
schließlich dynamischer Layouts gewährleisten,
5. eine Struktur bereitstellen,
6. Flexibilität und Wahlfreiheit bei der Darstellung der
Inhalte bereitstellen,
7. alternative Wiedergabearten für den Inhalt in wahr
nehmbarer, verständlicher, bedienbarer und robus
ter Weise ermöglichen,
8. die Interoperabilität des Inhalts mit assistiven
Technologien in wahrnehmbarer, verständlicher,
bedienbarer und robuster Weise ermöglichen,
9. die Auffindbarkeit der Barrierefreiheitsmerkmale
durch Bereitstellung von Informationen in Form
von Metadaten gewährleisten und
10. nach Maßgabe der §§ 95a bis 96 des Urheber
rechtsgesetzes gewährleisten, dass Barrierefrei
heitsfunktionen nicht durch technische Maßnahmen
zum Schutz von Werken und sonstigen Schutzge
genständen blockiert werden.
§ 16
§ 19
Zusätzliche Anforderungen an
Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste
Zusätzliche
Anforderungen an Dienstleistungen
im elektronischen Geschäftsverkehr
Selbstbedienungsterminals im Sinne des § 1 Ab
satz 2 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe d
des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes, die zur Erbrin
gung der Dienstleistung im Stadt-, Vorort- und Regio
nalverkehrsdienst verwendet werden, müssen die An
forderungen der §§ 4, 6, 7 und 11 erfüllen.
§ 17
Zusätzliche Anforderungen an
Bankdienstleistungen für Verbraucher
(1) Soweit Identifizierungsmethoden, Authentifizie
rungsmethoden, elektronische Signaturen, Sicherheits
funktionen und Zahlungsdienste bereitgestellt werden,
müssen diese wahrnehmbar, bedienbar, verständlich
und robust sein. Eine Authentifizierungsmethode im
Sinne dieser Vorschrift ist jede Methode zur Authenti
fizierung im Sinne des § 1 Absatz 23 des Zahlungs
diensteaufsichtsgesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I
S. 2446; 2019 I S. 1113), das zuletzt durch Artikel 5
des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2083) ge
ändert worden ist.
(2) Es muss gewährleistet werden, dass die Infor
mationen zur Funktionsweise der Bankdienstleistung
für Verbraucher verständlich sind, ohne dass ihr
Schwierigkeitsgrad das Sprachniveau B2 des Gemein
samen europäischen Referenzrahmens für Sprachen
des Europarats überschreitet.
Bei Dienstleistungen im elektronischen Geschäfts
verkehr müssen
1. Informationen zur Barrierefreiheit der zum Verkauf
stehenden Produkte und der angebotenen Dienst
leistungen bereitgestellt werden, soweit diese Infor
mationen vom verantwortlichen Wirtschaftsakteur
zur Verfügung gestellt werden,
2. Identifizierungs-, Authentifizierungs-, Sicherheitsund Zahlungsfunktionen, wenn diese nicht in Form
eines Produkts, sondern im Rahmen einer Dienst
leistung bereitgestellt werden, wahrnehmbar, be
dienbar, verständlich und robust gestaltet werden
und
3. Identifizierungsmethoden, Authentifizierungsmetho
den, elektronische Signaturen und Zahlungsdienste,
wenn diese bereitgestellt werden, wahrnehmbar,
bedienbar, verständlich und robust gestaltet wer
den.
§ 20
Anwendung von
funktionalen Leistungskriterien
(1) Funktionen, die die Gestaltung und Herstellung
von Produkten sowie die Erbringung von Dienstleistun
gen betreffen und für die keine Anforderungen in den
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 20, ausgegeben zu Bonn am 22. Juni 2022
§§ 4 bis 19 aufgestellt werden, gelten als barrierefrei,
wenn sie die Anforderungen an die funktionalen Leis
tungskriterien und -fähigkeiten der Nutzer im Sinne des
§ 21 erfüllen.
(2) Soweit die in den §§ 4 bis 19 festgelegten Anfor
derungen eine spezifische technische Anforderung
enthalten, dürfen die funktionalen Leistungskriterien
nur dann als Alternative zu dieser technischen Anfor
derung zur Anwendung kommen, wenn
1. die übrigen Anforderungen in den §§ 4 bis 19 erfüllt
werden und
2. die Anwendung der funktionalen Leistungskriterien
dazu führt, dass die Gestaltung und Herstellung
eines Produktes oder die Erbringung einer Dienst
leistung in einer entsprechenden oder besseren
Barrierefreiheit resultiert.
§ 21
Funktionale Leistungskriterien
(1) Wenn das Produkt oder die Dienstleistung visuelle
Bedienungsformen bietet, muss
1. mindestens eine Bedienungsform vorhanden sein,
die eine Nutzung bei fehlendem Sehvermögen er
möglicht,
2. mindestens eine Bedienungsform vorhanden sein,
die eine Nutzung bei eingeschränktem Sehvermö
gen ermöglicht und
933
(3) Wenn für das Produkt oder die Dienstleistung
eine stimmliche Eingabe des Nutzers erforderlich ist,
muss mindestens eine Bedienungsform vorhanden
sein, die keine stimmliche Eingabe erfordert. Als
stimmliche Eingabe gelten auch orale Laute wie Spre
chen, Pfeifen oder Schnalzen.
(4) Wenn das Produkt oder die Dienstleistung ma
nuell bedient werden muss, muss mindestens eine Be
dienungsform vorhanden sein, die die Nutzung mithilfe
anderer Bedienungsformen ermöglicht, welche keine
feinmotorische Steuerung und Bedienung, Handmus
kelkraft oder gleichzeitige Bedienung von mehr als
einem Bedienelement erfordern.
(5) Die Bedienelemente des Produkts müssen sich
in der Reichweite aller Nutzer befinden. Wenn das Pro
dukt oder die Dienstleistung manuelle Bedienungsfor
men bietet, muss mindestens eine Bedienungsform
vorhanden sein, die die Bedienung bei eingeschränkter
Reichweite und Kraft ermöglicht.
(6) Wenn das Produkt visuelle Bedienungsformen
bietet, sind fotosensitive Anfälle auslösende Bedie
nungsformen zu vermeiden.
(7) Das Produkt oder die Dienstleistung muss mit
mindestens einer Bedienungsform ausgestattet sein,
die Funktionen umfasst, die die Nutzung bei kognitiven
Einschränkungen erleichtern und vereinfachen.
(2) Wenn das Produkt oder die Dienstleistung audi
tive Bedienungsformen bietet, muss
(8) Wenn das Produkt oder die Dienstleistung Funk
tionen umfasst, die der Barrierefreiheit dienen, muss
mindestens eine Bedienungsform vorhanden sein, mit
der die Privatsphäre der Nutzer bei Verwendung dieser
Barrierefreiheitsfunktionen gewahrt ist.
1. mindestens eine Bedienungsform vorhanden sein,
die kein Hörvermögen erfordert und
§ 22
3. mindestens eine Bedienungsform vorhanden sein,
die keine Farbunterscheidung erfordert.
2. mindestens eine Bedienungsform mit erweiterten
Audiofunktionen vorhanden sein, die die Nutzung
bei eingeschränktem Hörvermögen ermöglicht.
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 28. Juni 2025 in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin, den 15. Juni 2022
Der Bundesminister
für Arbeit und Soziales
Hubertus Heil