Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2021  Nr. 53 vom 17.08.2021  - Seite 3433 bis 3435 - Gesetz für faire Verbraucherverträge

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Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 53, ausgegeben zu Bonn am 17. August 2021 3433 Gesetz für faire Verbraucherverträge1 Vom 10. August 2021 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs tungen durch den Verwender zum Gegenstand hat, a) eine den anderen Vertragsteil länger als zwei Jahre bindende Laufzeit des Vertrags, b) eine den anderen Vertragsteil bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses, es sei denn das Vertragsverhältnis wird nur auf unbestimmte Zeit verlängert und dem anderen Vertragsteil wird das Recht eingeräumt, das verlängerte Vertragsverhältnis jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen, oder c) eine zu Lasten des anderen Vertragsteils längere Kündigungsfrist als einen Monat vor Ablauf der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer; dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung zusammengehörig verkaufter Sachen sowie für Versicherungsverträge;". 3. In § 310 Absatz 1 Satz 1 und 2 wird jeweils die Angabe ,,2 bis 8" durch die Angabe ,,2 bis 9" ersetzt. 4. In § 312 Absatz 7 Satz 1 wird die Angabe ,,§ 312l" durch die Angabe ,,§ 312m" ersetzt. 5. Nach § 312j wird folgender § 312k eingefügt: ,,§ 312k Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr (1) Wird Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist, das einen Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet, so treffen den Unternehmer die Pflichten nach dieser Vorschrift. Dies gilt nicht 1. für Verträge, für deren Kündigung gesetzlich ausschließlich eine strengere Form als die Textform vorgesehen ist, und 2. in Bezug auf Webseiten, die Finanzdienstleistungen betreffen, oder für Verträge über Finanzdienstleistungen. (2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 5. Juli 2021 (BGBl. I S. 3338) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. § 308 wird wie folgt geändert: a) In Nummer 8 wird der Punkt am Ende durch ein Semikolon ersetzt. b) Folgende Nummer 9 wird angefügt: ,,9. (Abtretungsausschluss) eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird a) für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder b) für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn aa) beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder bb) berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen; Buchstabe a gilt nicht für Ansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und die Buchstaben a und b gelten nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes." 2. § 309 Nummer 9 wird wie folgt gefasst: ,,9. bei einem Vertragsverhältnis, das die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleis1 Notifiziert gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1). 3434 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 53, ausgegeben zu Bonn am 17. August 2021 nach Absatz 1 Satz 1 über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern ,,Verträge hier kündigen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Sie muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die 1. den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht Angaben zu machen a) zur Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund, b) zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit, c) zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags, d) zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll, e) zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn und 2. eine Bestätigungsschaltfläche enthält, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern ,,jetzt kündigen" oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein. (3) Der Verbraucher muss seine durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegebene Kündigungserklärung mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger so speichern können, dass erkennbar ist, dass die Kündigungserklärung durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegeben wurde. (4) Der Unternehmer hat dem Verbraucher den Inhalt sowie Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigen. Es wird vermutet, dass eine durch das Betätigen der Bestätigungsschaltfläche abgegebene Kündigungserklärung dem Unternehmer unmittelbar nach ihrer Abgabe zugegangen ist. (5) Wenn der Verbraucher bei der Abgabe der Kündigungserklärung keinen Zeitpunkt angibt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll, wirkt die Kündigung im Zweifel zum frühestmöglichen Zeitpunkt. (6) Werden die Schaltflächen und die Bestätigungsseite nicht entsprechend den Absätzen 1 und 2 zur Verfügung gestellt, kann ein Verbraucher einen Vertrag, für dessen Kündigung die Schaltflächen und die Bestätigungsseite zur Verfügung zu stellen sind, jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Die Möglichkeit des Verbrauchers zur außerordentlichen Kündigung bleibt hiervon unberührt." 6. Die bisherigen §§ 312k und 312l werden die §§ 312l und 312m. Artikel 2 Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2947) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Dem Artikel 229 wird folgender § 60 angefügt: ,,§ 60 Übergangsvorschrift zum Gesetz für faire Verbraucherverträge Auf ein Schuldverhältnis, das vor dem 1. Oktober 2021 entstanden ist, sind die §§ 308 und 310 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden. Auf ein Schuldverhältnis, das vor dem 1. März 2022 entstanden ist, ist § 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden. Die in § 312k des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung vom 1. Juli 2022 vorgesehenen Pflichten gelten auch im Hinblick auf Schuldverhältnisse, die vor diesem Tag entstanden sind." 2. In Artikel 246e § 1 Absatz 2 Nummer 10 wird die Angabe ,,§ 312k" durch die Angabe ,,§ 312l" ersetzt. Artikel 3 Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26. November 2020 (BGBl. I S. 2568) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Nach § 7 wird folgender § 7a eingefügt: ,,§ 7a Einwilligung in Telefonwerbung (1) Wer mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt, hat dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren und gemäß Absatz 2 Satz 1 aufzubewahren. (2) Die werbenden Unternehmen müssen den Nachweis nach Absatz 1 ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung fünf Jahre aufbewahren. Die werbenden Unternehmen haben der nach § 20 Absatz 3 zuständigen Verwaltungsbehörde den Nachweis nach Absatz 1 auf Verlangen unverzüglich vorzulegen." Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 53, ausgegeben zu Bonn am 17. August 2021 3435 2. § 20 wird wie folgt gefasst: ,,§ 20 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 7 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 oder 3 mit einem Telefonanruf oder unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung wirbt, 2. entgegen § 7a Absatz 1 eine dort genannte Einwilligung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert oder nicht oder nicht mindestens fünf Jahre aufbewahrt, 3. entgegen § 8b Absatz 3 in Verbindung mit § 4b Absatz 1 des Unterlassungsklagengesetzes, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 4d Nummer 2 des Unterlassungsklagengesetzes, einen dort genannten Bericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder 4. einer Rechtsverordnung nach § 8b Absatz 3 in Verbindung mit § 4d Nummer 1 des Unterlassungsklagengesetzes oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro geahndet werden. (3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, in den übrigen Fällen das Bundesamt für Justiz." Artikel 4 Inkrafttreten (1) Am 1. März 2022 treten in Kraft: 1. Artikel 1 Nummer 2 und 2. in Artikel 2 Nummer 1 § 60 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche. (2) Am 1. Juli 2022 treten in Kraft: 1. Artikel 1 Nummer 4 bis 6, 2. in Artikel 2 Nummer 1 § 60 Satz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche und 3. Artikel 2 Nummer 2. (3) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Oktober 2021 in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 10. August 2021 Der Bundespräsident Steinmeier Die Bundeskanzlerin Dr. A n g e l a M e r k e l Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht