Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2006  Nr. 60 vom 18.12.2006  - Seite 2913 bis 2914 - Gesetz über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen (Informationsweiterverwendungsgesetz-IWG)

FNA: 772-3
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2006 Teil I Nr. 60, ausgegeben zu Bonn am 18. Dezember 2006 2913 Gesetz über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen (Informationsweiterverwendungsgesetz ­ IWG)1) Vom 13. Dezember 2006 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: §1 Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für die Weiterverwendung aller bei öffentlichen Stellen vorhandenen Informationen. (2) Dieses Gesetz gilt nicht für Informationen, 1. an denen kein Zugangsrecht besteht, 2. die nur bei Nachweis eines rechtlichen oder berechtigten Interesses zugänglich sind, 3. deren Erstellung nicht unter die öffentlichen Aufgaben der betreffenden öffentlichen Stelle fällt, 4. die von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten Dritter oder von gewerblichen Schutzrechten erfasst werden, 5. die im Besitz öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten oder deren Beauftragten sind und der Wahrnehmung eines öffentlichen Programm- oder Sendeauftrags dienen, 6. die im Besitz von Bildungs- und Forschungseinrichtungen sind, einschließlich solcher Einrichtungen, die zum Transfer von Forschungsergebnissen gegründet wurden, 7. die im Besitz kultureller Einrichtungen sind. (3) Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten und weitergehende Ansprüche aus anderen Rechtsvorschriften auf Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen bleiben unberührt. §2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Gesetzes 1. sind öffentliche Stellen a) Gebietskörperschaften, einschließlich ihrer Sondervermögen, b) andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, wenn Stellen, die unter Buchstabe a oder Buchstabe c fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder 1 zur Aufsicht berufenen Organe bestimmt haben. Das Gleiche gilt dann, wenn die Stelle, die einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat, unter Satz 1 fällt, c) Verbände, deren Mitglieder unter Buchstabe a oder Buchstabe b fallen, 2. ist Information jede Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, 3. ist Weiterverwendung jede Nutzung von Informationen, die über die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe hinausgeht und in der Regel auf die Erzielung von Entgelt gerichtet ist; die intellektuelle Wahrnehmung einer Information und die Verwertung des dadurch erlangten Wissens stellen regelmäßig keine Weiterverwendung dar, 4. sind Nutzungsbestimmungen Bestimmungen, die wesentliche Fragen der Weiterverwendung von Informationen regeln, 5. ist Person jeder Bürger und jede Bürgerin der Europäischen Union und jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat. §3 Gleichbehandlungsanspruch (1) Jede Person ist bei der Entscheidung über die Weiterverwendung vorhandener Informationen öffentlicher Stellen, die diese zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt haben, gleich zu behandeln. Ein Anspruch auf Zugang zu Informationen wird durch dieses Gesetz nicht begründet. (2) Werden Informationen von öffentlichen Stellen als Ausgangsmaterial für eigene Geschäftstätigkeiten weiterverwendet, gelten hierfür die gleichen Entgelte und Bedingungen wie für andere Personen. (3) Dürfen die Informationen weiterverwendet werden, sind sie in allen angefragten Formaten und Sprachen, in denen sie bei der öffentlichen Stelle vorliegen, zur Verfügung zu stellen; soweit möglich sind sie elektronisch zu übermitteln. Auszüge von Informationen werden zur Verfügung gestellt, wenn damit für die öffentliche Stelle kein unverhältnismäßiger Aufwand verbunden ist. (4) Regelungen über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen dürfen keine ausschließlichen Rechte gewähren. Dies gilt nicht, wenn zur Bereitstellung eines Dienstes im öffentlichen Interesse ein ausschließliches Recht über die Weiterverwendung von Informationen erforderlich ist. Die Begründung eines solchen Rechts muss regelmäßig, min- ) Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (ABl. EU Nr. L 345 S. 90). Das Bundesgesetzblatt im Internet: www.bundesgesetzblatt.de | Ein Service des Bundesanzeiger Verlag www.bundesanzeiger.de 2914 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2006 Teil I Nr. 60, ausgegeben zu Bonn am 18. Dezember 2006 destens alle drei Jahre, überprüft werden. Nach dem 31. Dezember 2003 getroffene Regelungen über ausschließliche Rechte müssen klar und eindeutig sein sowie öffentlich bekannt gemacht werden. Bestehende ausschließliche Rechte, die nicht unter Satz 2 fallen, erlöschen mit Ablauf der Regelung, spätestens jedoch am 31. Dezember 2008. §4 Bearbeitung von Anfragen; Transparenz (1) Über Anfragen auf Weiterverwendung von Informationen entscheidet die öffentliche Stelle innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang der Anfrage. Bei umfangreichen oder schwierigen Sachverhalten beträgt die Frist 40 Arbeitstage; die anfragende Person ist innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Anfrage über diese Frist zu unterrichten. Die Fristen in Satz 1 und 2 gelten nicht, wenn die öffentliche Stelle selbst eine angemessene Frist festgelegt hat oder eine solche aufgrund einer Rechtsvorschrift besteht. Wenn eine Bearbeitungsfrist für Anträge auf Zugang zu Informationen besteht, ist diese auch für die Bearbeitung von Anfragen auf Weiterverwendung maßgeblich. (2) Innerhalb der Frist nach Absatz 1 stellt die öffentliche Stelle die Informationen zur Weiterverwendung zur Verfügung oder lehnt die Weiterverwendung ab. Die öffentliche Stelle kann auch ein Vertragsangebot unterbreiten, das Nutzungsbestimmungen enthalten kann. Die Nutzungsbestimmungen müssen verhältnismäßig sein, dürfen nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen und die Möglichkeiten der Weiterverwendung nicht unnötig einschränken. (3) Werden in einer Vereinbarung Entgelte für die Weiterverwendung verlangt, dürfen die Gesamteinnahmen aus der Bereitstellung von Informationen und der Gestattung ihrer Weiterverwendung die Kosten ihrer Erfassung, Erstellung, Reproduktion und Verbreitung zu- züglich einer angemessenen Gewinnspanne nicht übersteigen. Die Entgelte sollen für den entsprechenden Abrechnungszeitraum kostenorientiert sein und unter Beachtung der für die betreffenden öffentlichen Stellen geltenden Buchführungsgrundsätze berechnet werden. (4) Nutzungsbestimmungen und Entgelte für die Weiterverwendung, die allgemein Anwendung finden sollen, sind im Voraus festzulegen und, soweit dies technisch möglich und sinnvoll ist, elektronisch zu veröffentlichen; die elektronische Veröffentlichungspflicht gilt auch für Gebühren. Auf Anfrage gibt die öffentliche Stelle die Berechnungsgrundlagen für die veröffentlichten Entgelte und die Faktoren an, die bei der Berechnung der Entgelte in besonders gelagerten Einzelfällen berücksichtigt werden. Die öffentliche Stelle gewährleistet, dass anfragende Personen über die verfügbaren Rechtsschutzmöglichkeiten unterrichtet werden. (5) Lehnt die öffentliche Stelle die Weiterverwendung ganz oder teilweise ab, teilt sie der anfragenden Person die Gründe mit und weist auf die Rechtsschutzmöglichkeiten hin. Beruht die Ablehnung auf § 1 Abs. 2 Nr. 4, benennt die öffentliche Stelle den Rechtsinhaber, wenn er ihr bekannt und seine Nennung zulässig ist. (6) Die Verpflichtungen aus Absatz 1, 2 und 5 gelten nicht für die in § 1 Abs. 2 Nr. 5 bis 7 genannten öffentlichen Stellen. §5 Rechtsschutz Für Streitigkeiten nach diesem Gesetz ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. §6 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 13. Dezember 2006 Der Bundespräsident Horst Köhler Die Bundeskanzlerin Dr. A n g e l a M e r k e l Der Bundesminister f ü r W i r t s c h a f t u n d Te c h n o l o g i e Michael Glos Das Bundesgesetzblatt im Internet: www.bundesgesetzblatt.de | Ein Service des Bundesanzeiger Verlag www.bundesanzeiger.de