Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1990  Nr. 71 vom 22.12.1990  - Seite 2869 bis 2871 - Verordnung über Wertpapier-Verkaufsprospekte (Verkaufsprospekt-Verordnung)

Verordnung über Wertpapier-Verkaufsprospekte (Verkaufsprospekt-Verordnung) Nr. 71 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 22. Dezember 1990 2869 Verordnung über Wertpapier-Verkaufsprospekte (Verkaufsprospekt-Verordnung) Vom 17. Dezember 1990 Auf Grund des § 7 Abs. 2 und 3 des Wertpapier-Verkaufsprospektgesetzes vom 13. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2749) verordnet die Bundesregierung: §1 Anwendungsbereich Diese Verordnung ist auf den Verkaufsprospekt für Wertpapiere anzuwenden, für die ein Antrag auf Zulassung zur amtlichen Notierung an einer inländischen Börse nicht gestellt ist. §2 Allgemeine Grundsätze (1) Der Verkaufsprospekt muß über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der angebotenen Wertpapiere notwendig sind, Auskunft geben und richtig und vollständig sein. Er muß mindestens die nach dieser Verordnung vorgeschriebenen Angaben enthalten. Er ist in deutscher Sprache und in einer Form abzufassen, die sein Verständnis und seine Auswertung erleichtert. (2) Der Verkaufsprospekt ist mit dem Datum seiner Aufstellung zu versehen und vom Anbieter zu unterzeichnen. (3) Sind vorgeschriebene Angaben dem nach § 8 Abs. 1 und 2 in den Verkaufsprospekt aufgenommenen Jahresabschluß unmittelbar zu entnehmen, so brauchen sie im Verkaufsprospekt nicht wiederholt zu werden. §3 Angaben über Personen oder Gesellschaften, die für den Inhalt des Verkaufsprospekts die Verantwortung übernehmen Der Verkaufsprospekt muß Namen und Stellung, bei juristischen Personen oder Gesellschaften Firma und Sitz, der Personen oder Gesellschaften angeben, die für seinen Inhalt die Verantwortung übernehmen; er muß eine Erklärung dieser Personen oder Gesellschaften enthalten, daß ihres Wissens die Angaben richtig und keine wesentlichen Umstände ausgelassen sind. §4 Angaben über die Wertpapiere Der Verkaufsprospekt muß über die Wertpapiere angeben 1. Art, Stückzahl und Gesamtnennbetrag der angebotenen Wertpapiere oder einen Hinweis darauf, daß der Gesamtnennbetrag nicht festgesetzt ist, sowie die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte; 2. die Steuern, die in dem Staat, in dem der Emittent seinen Sitz hat oder in dem die Wertpapiere angeboten werden, auf die Einkünfte aus den Wertpapieren im Wege des Quellenabzugs erhoben werden; übernimmt der Anbieter die Zahlung dieser Steuern, so ist dies anzugeben; 3. wie die Wertpapiere übertragen werden können und gegebenenfalls in welcher Weise ihre freie Handelbar-keit eingeschränkt ist; 4. die organisierten Märkte, an denen die Wertpapiere gehandelt werden sollen; 5. die Zahl- und Hinterlegungsstellen; 6. die Einzelheiten der Zahlung des Zeichnungs- oder Verkaufspreises; 7. das Verfahren für die Ausübung von Bezugsrechten, ihre Handelbarkeit und die Behandlung der nicht ausgeübten Bezugsrechte; 8. die Stellen, die Zeichnungen des Publikums entgegennehmen, sowie die für die Zeichnung oder den Verkauf der Wertpapiere vorgesehene Frist und die Möglichkeiten, die Zeichnung vorzeitig zu schließen oder Zeichnungen zu kürzen; 9. die einzelnen Teilbeträge, falls das Angebot gleichzeitig in verschiedenen Staaten mit bestimmten Teilbeträgen erfolgt; 10. die Ausstattung ausgedruckter Stücke sowie die Einzelheiten und Fristen für deren Auslieferung; 11. die Personen oder Gesellschaften, welche die Wertpapiere übernehmen oder übernommen oder gegenüber dem Emittenten oder Anbieter ihre Unterbringung garantiert haben; erstreckt sich die Übernahme oder die Garantie nicht auf das gesamte Angebot, so ist der nicht erfaßte Teil des Angebots anzugeben; 12. den Ausgabepreis für die Wertpapiere oder, sofern er noch nicht bekannt ist, den Zeitplan für seine Festsetzung. §5 Angaben über den Emittenten Der Verkaufsprospekt muß über den Emittenten angeben 1. die Firma und den Sitz; 2. das Datum der Gründung und, wenn er für eine bestimmte Zeit gegründet ist, die Dauer; 3. die Rechtsform und die für den Emittenten maßgebliche Rechtsordnung; 4. den in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag bestimmten Gegenstand des Unternehmens; 5. das Registergericht des Sitzes des Emittenten und die Nummer, unter der der Emittent in das Register eingetragen ist; 6. eine kurze Beschreibung des Konzerns und der Stellung des Emittenten in ihm, falls der Emittent ein Konzernunternehmen ist. 2870 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I §6 Angaben über das Kapital des Emittenten (1) Der Verkaufsprospekt muß über das Kapital des Emittenten angeben 1. die Höhe des gezeichneten Kapitals, die Zahl und die Gattungen der Anteile, in die das Kapital zerlegt ist, unter Angabe ihrer Hauptmerkmale und die Höhe der ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital; 2. den Nennbetrag der umlaufenden Wertpapiere, die den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien einräumen, unter Angabe der Bedingungen und des Verfahrens für den Umtausch oder Bezug. (2) Für das Angebot von Aktien ist zusätzlich anzugeben 1. der Nennbetrag eines genehmigten oder bedingten Kapitals und die Dauer der Ermächtigung für die Kapitalerhöhung, der Kreis der Personen, die ein Umtausch- oder Bezugsrecht haben, sowie die Bedingungen und das Verfahren für die Ausgabe der neuen Aktien; 2. die Zahl und die Hauptmerkmale von Anteilen, die keinen Anteil am Kapital gewähren; 3. soweit sie dem Anbieter bekannt sind, die Aktionäre, die auf den Emittenten unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß ausüben können. §7 Angaben über die Geschäftstätigkeit des Emittenten (1) Der Verkaufsprospekt muß über die Geschäftstätigkeit des Emittenten folgende Angaben enthalten: 1. die wichtigsten Tätigkeitsbereiche; 2. Angaben über die Abhängigkeit des Emittenten von Patenten, Lizenzen, Verträgen oder neuen Herstellungsverfahren, wenn sie von wesentlicher Bedeutung für die Geschäftstätigkeit oder Ertragslage des Emittenten sind; 3. Gerichts- oder Schiedsverfahren, die einen erheblichen Einfluß auf die wirtschaftliche Lage des Emittenten haben können; 4. Angaben über die wichtigsten laufenden Investitionen mit Ausnahme der Finanzanlagen. (2) Ist die Tätigkeit des Emittenten durch außergewöhnliche Ereignisse beeinflußt worden, so ist darauf hinzuweisen. §8 Angaben über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten (1) Der Verkaufsprospekt muß über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten enthalten 1. den letzten offengelegten Jahresabschluß, dessen Stichtag höchstens achtzehn Monate vor der Aufstellung des Verkaufsprospekts liegen darf; 2. eine zwischenzeitlich veröffentlichte Zwischenübersicht. (2) Ist der Emittent nur zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet, so ist dieser in den Verkaufs- prospekt aufzunehmen; ist er auch zur Aufstellung eines Einzelabschlusses verpflichtet, so sind beide Arten von Jahresabschlüssen aufzunehmen. Die Aufnahme nur des Jahresabschlusses der einen Art ist ausreichend, wenn der Jahresabschluß der anderen Art keine wesentlichen zusätzlichen Aussagen enthält. (3) Jede wesentliche Änderung nach dem Stichtag des letzten offengelegten Jahresabschlusses oder der Zwischenübersicht muß im Verkaufsprospekt beschrieben werden. §9 Angaben über die Prüfung des Jahresabschlusses des Emittenten Der Verkaufsprospekt muß den Namen, die Anschrift und die Berufsbezeichnung der Abschlußprüfer, die den Jahresabschluß des Emittenten nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften geprüft haben, angeben. Ferner ist der Bestätigungsvermerk einschließlich zusätzlicher Bemerkungen aufzunehmen; wurde die Bestätigung des Jahresabschlusses eingeschränkt oder versagt, so müssen der volle Wortlaut der Einschränkungen oder der Versagung und deren Begründung wiedergegeben werden. § 10 Angaben über Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane des Emittenten (1) Der Verkaufsprospekt muß den Namen und die Anschrift der Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane und ihre Stellung beim Emittenten angeben. (2) Für das Angebot von Aktien sind zusätzlich die den Mitgliedern der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr gewährten Gesamtbezüge (Gehälter, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art), für jedes Organ getrennt, anzugeben. §11 Angaben über den jüngsten Geschäftsgang und die Geschäftsaussichten des Emittenten Der Verkaufsprospekt muß allgemeine Ausführungen über die Geschäftsentwicklung des Emittenten nach dem Schluß des Geschäftsjahres, auf das sich der letzte offengelegte Jahresabschluß bezieht, sowie Angaben über die Geschäftsaussichten des Emittenten mindestens für das laufende Geschäftsjahr enthalten. § 12 Wertpapiere mit Umtausch- oder Bezugsrecht, Optionen (1) Für das Angebot von anderen Wertpapieren als Aktien, die den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Wertpapiere einräumen, hat der Verkaufsprospekt zusätzlich folgende Angaben zu enthalten: 1. die Art der zum Umtausch oder Bezug angebotenen Wertpapiere und der mit ihnen verbundenen Rechte; Nr. 71 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 22. Dezember 1990 2871 2. die Bedingungen und das Verfahren für den Umtausch und den Bezug sowie die Fälle, in denen die Bedingungen für das Verfahren geändert werden können. (2) Ist der Emittent nicht zugleich der Emittent der zum Umtausch oder Bezug angebotenen Wertpapiere, so sind die Angaben nach den §§ 5 bis 11 auch über den Emittenten der zum Umtausch oder Bezug angebotenen Wertpapiere aufzunehmen. Diese Angaben können entfallen, sofern die Wertpapiere an einer inländischen Börse zur amtlichen Notierung zugelassen sind. (3) Für das Angebot von Wertpapieren, die das Recht auf Zahlung eines Differenzbetrages einräumen, der sich an der Wertentwicklung anderer Wertpapiere oder Rechte bemißt, sind in den Verkaufsprospekt zusätzlich Angaben über die Ermittlung des Differenzbetrages aufzunehmen. § 13 Gewährleistete Wertpapiere Für das Angebot von anderen Wertpapieren als Aktien, für deren Verzinsung oder Rückzahlung eine juristische Person oder Gesellschaft die Gewährleistung übernommen hat, sind die Angaben nach den §§ 5 bis 11 auch über die Person oder Gesellschaft, welche die Gewährleistung übernommen hat, aufzunehmen. § 14 Verringerte Prospektanforderungen (1) Für das Angebot von Aktien, die den Aktionären des Emittenten auf Grund ihres Bezugsrechts zugeteilt werden, kann auf die in den §§ 7 bis 10 vorgeschriebenen Angaben verzichtet werden, wenn die Aktionäre auf andere Weise ausreichend unterrichtet sind. (2) Für den Fall, daß der Emittent vor weniger als achtzehn Monaten gegründet worden ist und noch keinen Jahresabschluß offengelegt hat, muß der Verkaufsprospekt abweichend von den Anforderungen nach den §§ 8, 9, 10 Abs. 2 und § 11 folgende Angaben enthalten: 1. die Eröffnungsbilanz; 2. eine Zwischenübersicht, deren Stichtag nicht länger als zwei Monate zurückliegt; 3. voraussichtliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage mindestens für das laufende und das folgende Geschäftsjahr; 4. Planzahlen des Emittenten (Investitionen, Produktion, Umsatz und Ergebnis) mindestens für die folgenden drei Geschäftsjahre. (3) Wurde vor weniger als zwölf Monaten im Inland ein vom selben Anbieter unterzeichneter vollständiger Verkaufsprospekt, Börsenzulassungsprospekt (§ 36 Abs. 3 Nr. 2 des Börsengesetzes) oder Unternehmensbericht (§ 73 Abs. 1 Nr. 2 des Börsengesetzes) veröffentlicht, so sind in den Verkaufsprospekt nur die seit der Veröffentlichung des vollständigen Prospekts oder Unternehmensberichts eingetretenen Änderungen aufzunehmen, die für die Beurteilung des Emittenten oder der angebotenen Wertpapiere von Bedeutung sein können. Der Verkaufsprospekt darf nur zusammen mit dem vollständigen Prospekt oder Unternehmensbericht oder mit einem Hinweis darauf, wo dieser einzusehen ist, veröffentlicht werden. (4) Von der Aufnahme einzelner Angaben in den Verkauf sprospekt kann abgesehen werden, wenn 1. diese Angaben nur von geringer Bedeutung und nicht geeignet sind, die Beurteilung der Vermögens-, Finanz-und Ertragslage und der Entwicklungsaussichten des Emittenten zu beeinflussen, oder 2. die Verbreitung dieser Angaben dem Emittenten erheblichen Schaden zufügt, sofern die NichtVeröffentlichung das Publikum nicht über die für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlichen Tatsachen und Umstände täuscht. (5) Ist der Anbieter nicht zugleich der Emittent, so kann von der Aufnahme einzelner Angaben, über die der Anbieter auf Grund seiner Stellung zum Emittenten nicht verfügen kann, in den Verkaufsprospekt abgesehen werden, sofern die NichtVeröffentlichung das Publikum nicht über die für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlichen Tatsachen und Umstände täuscht. § 15 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1991 in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt. Bonn, den 17. Dezember 1990 Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Der Bundesminister der Finanzen Theo Waigel