Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1990  Nr. 72 vom 28.12.1990  - Seite 2930 bis 2939 - Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psychiatrie-Personalverordnung - Psych-PV)

Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psychiatrie-Personalverordnung – Psych-PV) 2930 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psychiatrie-Personalverordnung - Psych-PV) Vom 18. Dezember 1990 Auf Grund des § 16 Satz 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Dezember 1985 (BGBl. 1986 I S. 33) verordnet die Bundesregierung: Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften §1 Anwendungsbereich (1) Diese Verordnung regelt die Maßstäbe und Grundsätze zur Ermittlung des Personalbedarfs für Ärzte, Krankenpflegepersonal und sonstiges therapeutisches Fachpersonal in psychiatrischen Einrichtungen für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche mit dem Ziel, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche stationäre oder teilstationäre Behandlung der Patienten zu gewährleisten, die einer Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bedürfen. (2) Psychiatrische Einrichtungen im Sinne dieser Verordnung sind 1. psychiatrische Krankenhäuser, 2. selbständige, gebietsärztlich geleitete psychiatrische Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern, soweit auf sie die Pflegesatzvorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und die Bundespflegesatzverordnung Anwendung finden. §2 Pflegesatzvereinbarung (1) Die in § 18 Abs. 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes genannten Parteien der Pflegesatzvereinbarung (Vertragsparteien) haben bei der Vereinbarung des Budgets und der Pflegesätze nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und der Bundespflegesatzverordnung für die Personalbemessung die Maßstäbe und Grundsätze dieser Verordnung zugrunde zu legen. (2) Die sonstigen Vorschriften der Bundespflegesatzverordnung für die Vereinbarung des Budgets und der Pflegesätze bleiben unberührt. §3 Grundsätze (1) Für die Personalbemessung für den Regeldienst der psychiatrischen Einrichtungen gilt folgendes Verfahren: 1. Patienten, die einer Krankenhausbehandlung bedürfen, werden bestimmten Behandlungsbereichen zugeordnet (§§ 4 und 8). 2. Für jeden Behandlungsbereich und für jede Berufsgruppe wird eine Arbeitszeit in Minuten (Minutenwert) je Patient und Woche vorgegeben (§ 5 Abs. 1 und § 9 Abs. 1). Die Minutenwerte sind unter Berücksichtigung des Versorgungsauftrags angemessen zu verringern, wenn eine Einrichtung keine Versorgungsverpflichtung hat. 3. Die Minutenwerte werden in Personalstellen umgerechnet (§ 6 und § 9 Abs. 3). 4. Die Zahl der Personalstellen für Leitungskräfte wird nach der Zahl der vereinbarten Stellen für Ärzte und Diplom-Psychologen errechnet (§ 7 und § 9 Abs. 3). Nr. 72 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. Dezember 1990 2931 (2) Der Regeldienst im Sinne des Absatzes 1 umfaßt alle diagnostischen, therapeutischen und pflegerischen Tätigkeiten für den stationären Bereich mit Ausnahme von Nachtdienst, Bereitschaftsdienst außerhalb des Regeldienstes, ärztlicher Rufbereitschaft und ärztlichem Konsiliardienst sowie von Tätigkeiten in Nachtkliniken. Die Personalbemessung für die nicht vom Regeldienst umfaßten Tätigkeiten ist von den Vertragsparteien unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Einrichtung und mit dem Ziel einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Behandlung der Patienten in der Pflegesatzvereinbarung zusätzlich zu vereinbaren. (3) Die Minutenwerte nach Absatz 1 Nr. 2 gelten beim Krankenpflegepersonal für einen Regeldienst von täglich 14 Stunden zuzüglich einer halben Stunde Übergabezeit mit dem Personal des Nachtdienstes sowie bei einer gleichbleibenden Personalbesetzung im Pflegedienst an Wochenenden und Feiertagen. Bei Tageskliniken gelten die Minutenwerte in der Erwachsenenpsychiatrie für einen Regeldienst von 8 Stunden, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie von 10 Stunden; die Minutenwerte gelten für fünf Wochentage. (4) Die Zahl der Personalstellen nach Absatz 1 Nr. 3 kann von den Vertragsparteien abweichend vereinbart werden, wenn dies auf Grund besonderer Verhältnisse einer Einrichtung zur Sicherung ihrer Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit erforderlich oder ausreichend ist. Die Notwendigkeit einer Abweichung ist in der Pflegesatzvereinbarung zu begründen. Zweiter Abschnitt Psychiatrische Einrichtungen für Erwachsene §4 Behandlungsbereiche (1) Zur Ermittlung des Personalbedarfs werden die Patienten, die einer Krankenhausbehandlung bedürfen, nach Art und Schwere der Krankheit sowie nach den Behandlungszielen und -mittein gemäß Anlage 1 den folgenden Behandlungsbereichen zugeordnet: A Allgemeine Psychiatrie S Abhängigkeitskranke G Gerontopsychiatrie A1 Regelbehandlung S1 Regelbehandlung G1 Regelbehandlung A2 Intensivbehandlung S2 Intensivbehandlung G2 Intensivbehandlung A3 Rehabilitative Behandlung S3 Rehabilitative Behandlung einschließlich sog. Entwöhnung G3 Rehabilitative Behandlung A4 Langdauernde Behandlung Schwer- und Mehrfachkranker S4 Langdauernde Behandlung Schwer- und Mehrfachkranker G4 Langdauernde Behandlung Schwer- und Mehrfachkranker A5 Psychotherapie S5 Psychotherapie G5 Psychotherapie A6 Tagesklinische Behandlung S6 Tagesklinische Behandlung G6 Tagesklinische Behandlung (2) Die Vertragsparteien vereinbaren die voraussichtliche, durchschnittliche Zahl der Patienten in den einzelnen Behandlungsbereichen auf der Grundlage von mindestens vier Stichtagserhebungen; dabei ist die durchschnittliche Belegung der Einrichtung mit krankenhausbehandlungsbedürftigen Patienten sowie die Entwicklung im nächsten Pflegesatzzeitraum zu berücksichtigen. (3) Die Stichtagserhebungen nach Absatz 2 sind jeweils am dritten Mittwoch der Monate Januar, April, Juli und Oktober durchzuführen; die Vertragsparteien können abweichende Vereinbarungen treffen. Die Ergebnisse der Stichtagserhebungen hat die Einrichtung den anderen Vertragsparteien, den in § 18 Abs. 1 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes genannten Beteiligten und der zuständigen Landesbehörde so rechtzeitig schriftlich mitzuteilen, daß Vorverhandlungen nach § 16 Abs. 6 der Bundespflegesatzverordnung durchgeführt werden können. (4) Die Vertragsparteien schließen nach § 16 Abs. 7 der Bundespflegesatzverordnung Rahmenvereinbarungen, die 1. eine Prüfung der Zuordnung der Patienten zu den Behandlungsbereichen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Krankenhaus ermöglichen, 2. eine Prüfung ermöglichen, ob die Personalausstattung nach dieser Verordnung in ein entsprechendes Behandlungsangebot umgesetzt wurde. § 17 Satz 1 der Bundespflegesatzverordnung gilt entsprechend. 2932 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I §5 Minutenwerte (1) Der Personalbemessung für die nachstehenden Berufsgruppen sind je Patient und Woche folgende Minutenwerte zugrunde zu legen: Behandlungsbereiche Ärzte Krankenpflegepersonal Diplom-Psychologen Ergo-therapeuten Bewegungstherapeuten, Krankengymnasten, Physiotherapeuten Sozialarbeiter, Sozialpädagogen A1 A2 A3 A4 A5 A6 207 257 82 132 154 114 578 1 118 376 734 198 51 29 12 110 57 107 83 122 117 197 113 103 176 28 29 29 27 31 17 76 74 79 59 14 67 S1 S2 S3 S4 S5 S6 226 256 82 106 131 115 557 1 142 242 683 199 40 43 55 110 80 100 81 72 51 156 112 101 154 35 34 46 38 31 16 109 153 175 77 48 101 G1 G2 G3 G4 G5 G6 183 211 84 100 119 115 992 1 221 518 909 241 94 26 0 66 43 81 83 102 78 85 72 76 167 35 40 42 44 31 26 75 51 79 42 13 68 (2) Für das Krankenpflegepersonal ist je Station und Woche zusätzlich ein Wert von 5 000 Minuten zugrunde zu legen; umfaßt eine Station weniger als 16 Patienten im Jahresdurchschnitt, vereinbaren die Vertragsparteien, inwieweit dieser Minutenwert je Station zu vermindern ist. Station im Sinne des Satzes 1 ist eine eigenständige bauliche und organisatorische Einheit, die alle für einen Stationsbetrieb erforderlichen Funktionen umfaßt. §6 Ermittlung der Personalstellen (1) Die Personalstellen für eine psychiatrische Einrichtung werden ermittelt, indem für jede Berufsgruppe die Minutenwerte der Behandlungsbereiche nach § 5 Abs. 1 mit der entsprechenden durchschnittlichen Zahl der Patienten nach § 4 Abs. 2 vervielfacht werden. Beim Krankenpflegepersonal ist der Minutenwert je Station nach § 5 Abs. 2 mit der Anzahl der Stationen zu vervielfachen und hinzuzurechnen. Die sich ergebende Gesamtstundenzahl je Berufsgruppe ist in Personalstellen umzurechnen, indem sie durch die Zahl der Arbeitsstunden geteilt wird, die unter Berücksichtigung der tariflichen Arbeitszeit oder entsprechender Arbeitszeitregelungen sowie der zu erwartenden Ausfallzeiten durchschnittlich je Mitarbeiter zu leisten sind. Die Höhe der Ausfallzeiten wird für die einzelnen Berufsgruppen von den Vertragsparteien unter Zugrundelegung einer angemessenen Arbeitsorganisation vereinbart. (2) Die Personalstellen für eine Berufsgruppe nach Absatz 1 können entsprechend dem therapeutischen Konzept der psychiatrischen Einrichtung auch mit Fachkräften der anderen Berufsgruppen oder anderer, in § 5 Abs. 1 nicht genannter Berufe, besetzt werden, soweit das der Verordnung zugrundeliegende therapeutische Konzept erfüllt wird und die nach dieser Verordnung vereinbarten Personalkosten nicht überschritten werden. §7 Leitungskräfte *(1) Die Personalbemessung für leitende Ärzte richtet sich nach der Zahl der nach § 6 ermittelten und von den Vertragsparteien vereinbarten Stellen für Ärzte und Diplom-Psychologen; diese sind im Verhältnis 8 zu 1 in ganze oder anteilige Stellen für leitende Ärzte umzurechnen. (2) Die Zahl der leitenden Kankenpflegekräfte entspricht der errechneten Zahl der leitenden Ärzte nach Absatz 1. (3) § 3 Abs 4 gilt entsprechend. Nr. 72 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. Dezember 1990 2933 Dritter Abschnitt Einrichtungen für die Kinder- und Jugendpsychiatrie §8 Behandlungsbereiche Zur Ermittlung des Personalbedarfs werden die Patienten, die einer Krankenhausbehandlung bedürfen, nach Art und Schwere der Krankheit sowie nach den Behandlungszielen und -mittein gemäß Anlage 2 den folgenden Behandlungsbereichen zugeordnet: KJ 1 Kinderpsychiatrische Regel- und Intensivbehandlung KJ 2 Jugendpsychiatrische Regelbehandlung KJ 3 Jugendpsychiatrische Intensivbehandlung KJ 4 Rehabilitative Behandlung KJ 5 Langdauernde Behandlung Schwer- und Mehrfachkranker KJ 6 Eltern-Kind-Behandlung KJ 7 Tagesklinische Behandlung. § 4 Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend. §9 Minutenwerte (1) Der Personalbemessung für die nachstehenden Berufsgruppen sind je Patient und Woche folgende Minutenwerte zugrunde zu legen: Behandlungsbereiche Ärzte Krankenpflege-personal, Erziehungsdienst Diplom-Psychologen Ergo-therapeuten Bewegungstherapeuten, Krankengymnasten, Physiotherapeuten Sozialarbeiter, Sozialpädagogen Heilpädagogen Sprachheiltherapeuten, Logopäden KJ1 257 1 419 183 137 82 157 33 KJ2 251 1 285 180 166 74 122 8 KJ3 321 1 876 163 59 21 73 0 KJ4 105 532 80 292 18 91 8 KJ5 144 1 541 104 211 96 92 21 KJ6 264 305 179 110 76 148 25 KJ7 247 261 182 128 63 133 26 (2) Für das Krankenpflegepersonal ist je Station und Woche zusätzlich ein Wert von 5000 Minuten zugrunde zu legen; umfaßt eine Station weniger als 9 Patienten im Jahresdurchschnitt, treffen die Vertragsparteien eine Vereinbarung darüber, inwieweit dieser Minutenwert je Station zu vermindern ist. § 5 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. (3) Für die Ermittlung der Personalstellen gilt § 6, für die Personalbemessung für leitende Ärzte sowie für Leitungskräfte des Pflege- und Erziehungsdienstes § 7 entsprechend. Vierter Abschnitt Schlußvorschriften § 10 Inkrafttreten und Übergangsvorschriften (1) Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1991 in Kraft. (2) Die Personalbemessung nach dieser Verordnung ist erstmals bei der auf den 1. Januar 1991 folgenden Pflegesatzverhandlung zugrunde zu legen. Auf Verlangen einer Vertragspartei ist das Budget für einen im Jahre 1991 noch laufenden Pflegesatzzeitraum neu zu vereinbaren. Dabei ist eine nach dieser Verordnung höhere Personalbemessung nur für die Restlaufzeit des Pflegesatzzeitraums zugrunde zu legen. Für diesen Zeitraum sind Pflegesätze neu zu vereinbaren. Bei der Neuvereinbarung nach Satz 1 und 2 reichen abweichend von § 4 Abs. 3 Satz 1 vier Stichtagserhebungen in mindestens zwei Monaten aus. 2934 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I (3) Die Personalbemessung nach dieser Verordnung wird in einem Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 1995 eingeführt. Soweit sie noch nicht erreicht ist, vereinbaren die Vertragsparteien im Rahmen jeder Pflegesatzvereinbarung eine jährliche, stufenweise Anpassung, bei der die Abweichung zwischen der in der letzten Pflegesatzvereinbarung vereinbarten Personalbesetzung und der Personalbemessung nach dieser Verordnung auf den verbleibenden Übergangszeitraum verteilt wird. Werden im Übergangszeitraum Krankenhausbetten abgebaut, wird die tatsächliche Personalbesetzung nicht verringert, soweit die Personalbemessung nach dieser Verordnung noch nicht erreicht ist. (4) Werden die nach Absatz 3 zusätzlich vereinbarten Personalstellen während des Pflegesatzzeitraums ganz oder teilweise nicht besetzt und sind dem Krankenhaus deshalb geringere Personal kosten als vorauskalkuliert entstanden, sind Budgetanteile in Höhe der nicht entstandenen Personalkosten zu erstatten. Der Erstattungsbetrag ist über das Budget des folgenden Pflegesatzzeitraums zu verrechnen. Der Bundesrat hat zugestimmt. Bonn, den 18. Dezember 1990 Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Norbert Blüm Nr 72 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. Dezember 1990 2935 Anlage 1 (zu § 4 Abs. 1) Psychiatrische Einrichtungen für Erwachsene Inhaltliche Beschreibung der aufgabentypischen Schwerpunkte 1. Allgemeine Psychiatrie Behandlungsbereiche Kranke Behandlungsziele Behandlungsmittel A1 Regelbehandlung Akut psychisch Kranke Erkennen und Heilen, psychische und soziale Stabilisierung Diagnostik, Psycho-pharmakotherapie, Psychotherapie, Soziotherapie1), Ergotherapie A2 Intensivbehandlung Psychisch Kranke, manifest selbstgefährdet, fremdgefährdend, somatisch vitalgefährdet Erkennen und Heilen, Risikoabschätzung, Krisenbewältigung, Stabilisierung als Voraussetzung für weitere therapeutische Maßnahmen Diagnostik, Erst- und Notfallbehandlung, einzelbezogene Intensivbehandlung einschließlich Psychopharmakotherapie A3 Rehabilitative Behandlung Für die rehabilitative Behandlung ausreichend stabilisierte Kranke mit psychischen und sozialen Krankheitsfolgen Bessern, Lindern der Krankheitsfolgen - mit diesen leben lernen, Enthospitalisierung, Wiedereingliederung Mehrdimensionale rehabilitative Behandlung; Psychotherapie zur Bewältigung der Krankheitsfolgen, Soziotherapie, Ergotherapie A4 Langdauernde Behandlung Schwer- und Mehrfachkranker Psychisch Kranke mit anhaltend akuten Symptomen und/oder erheblichen psychischen und sozialen Krankheitsfolgen Bessern, Lindern, Verhüten von Verschlimmerung, Stabilisierung als Voraussetzung für weitere therapeutische Maßnahmen Medizinische Grundversorgung mit hohem ärztlichen und pflegerischen Aufwand, mehrdimensionale Einzelbehandlung, Gestaltung des therapeutischen Milieus in Kleingruppen A5 Psychotherapie Kranke mit schweren Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen, die stationär psychotherapeutisch behandelt werden müssen Erkennen und Heilen, Krisenbewältigung, Befähigung zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung Komplexe psychotherapeutische Behandlung A6 Tagesklinische Behandlung2) Psychisch Kranke, nicht oder nicht mehr vollstationär behandlungsbedürftig Erkennen und Heilen, psychische und soziale Stabilisierung, Wiedereingliederung, Krisenbewältigung Diagnostik, Psychopharmakotherapie, Psychotherapie, Soziotherapie, Ergotherapie 1) Als Soziotherapie werden in diesem Zusammenhang alle handlungsorientierten Einflußnahmen auf die Wechselwirkungen zwischen der Erkrankung des Patienten und seinem sozialen Umfeld verstanden. 2) Integrierte tages- oder nachtklinische Behandlung soll im Einzelfall von jeder Station aus möglich sein. Der Patient erhält einen teitstationären Status auf der Station, die ihn auch vollstationär behandeln würde. 2936 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I 2. Abhängigkeitskranke Behandlungsbereiche Kranke Behandlungsziele Behandlungsmitte! S1 Regelbehandlung Alkohol- und Medikamenten-abhängige Erkennen der Abhängigkeit, Entgiftung, Befähigung zur ambulanten Behandlung oder zur Entwöhnung, soziale Stabilisierung Psychiatrische, neurologische und allgemeinmedizinische Diagnostik und Behandlung, Motivation zur Inanspruchnahme suchtspezifischer Hilfen S2 Intensivbehandlung Alkohol-, Medikamenten-und Drogenabhängige, manifest selbstgefährdet, fremdgefährdend, somatisch vitalgefährdet Erkennen und Heilen, Risikoabschätzung, Krisenbewältigung, Entgiftung, Delirbehand-lung, Stabilisierung als Voraussetzung für weitere therapeutische Maßnahmen Psychiatrische, neurologische und allgemeinmedizinische Diagnostik, intensive medikamentöse Behandlung, Motivation zur Inanspruchnahme suchtspezifischer Hilfen S3 Rehabilitative Behandlung einschließlich sog. Entwöhnung Ausreichend entgiftete, motivierte und belastbare Alkohol- und Medikamenten-abhängige oder inzwischen zur rehabilitati-ven Behandlung befähigte Schwer- und Mehrfachkranke Abstinenz, Befähigung zu ambulanter Behandlung, Integration in Selbsthilfegruppen, Wiedereingliederung Suchtspezifische mehrdimensionale Behandlung S4 Langdauernde Behandlung Schwer- und Mehrfachkranker Alkohol- und Medikamenten-abhängige mit anhaltenden psychiatrischen, neurologischen und internistischen Begleit- und Folgeerkrankungen, erhebliche Rückfallgefahr, rehabilitative Behandlung oder Entlassung in komplementäre Einrichtungen nicht möglich Bessern, Lindern, Verhüten von Verschlimmerung, Befähigung zur rehabilitati-ven Behandlung, Eingliederung in komplementäre Einrichtungen und ambulante Behandlung Medizinische Grundversorgung mit hohem ärztlichen und pflegerischen Aufwand; suchtspezifische soziotherapeutisch mehrdimensionale Behandlung S5 Psychotherapie Alkohol- und Medikamenten-abhängige mit schweren Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen, erhebliche Rückfallgefahr Erkennen der Abhängigkeit, Abstinenz, Befähigung zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung, Krisenbewältigung Psychotherapeutische Behandlung unter Berücksichtigung suchtspezifischer Gesichtspunkte S6 Tagesklinische Behandlung 2) Alkohol- und Medikamenten-abhängige, entgiftet, nicht oder nicht mehr vollstationär behandlungsbedürftig Erkennen der Abhängigkeit, Abstinenz, Befähigung zur ambulanten Behandlung, Integration in Selbsthilfegruppe, Krisenbewältigung, Vermeidung oder Verkürzung vollstationärer Behandlung Diagnostik, Psychotherapie, Soziotherapie1), Ergotherapie, Motivation zur Inanspruchnahme suchtspezifischer Hilfen 1) Als Soziotherapie werden in diesem Zusammenhang alle handlungsorientierten Einflußnahmen auf die Wechselwirkungen zwischen der Erkrankung des Patienten und seinem sozialen Umfeld verstanden. 2) Integrierte tages- oder nachtklinische Behandlung soll im Einzelfall von jeder Station aus möglich sein. Der Patient erhält einen teilstationären Status auf der Station, die ihn auch vollstationär behandeln würde. Nr. 72 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. Dezember 1990 2937 3. Gerontopsychiatrie (Patienten in der Regel über 65 Jahre alt) Behandlungsbereiche Kranke Behandlungsziele Behandlungsmittel G1 Regelbehandlung Akut psychisch Kranke im höheren Lebensalter (meist Multimorbidität) Erkennen und Heilen, Bessern, psychische, somatische und soziale Stabilisierung, vorwiegend Entlassung nach Hause Psychiatrische, neurologische, allgemeinmedizinische und soziale Diagnostik und Therapie. Medizinische Grundversorgung; gegebenenfalls Einbeziehung weiterer gebietsärztlicher Leistungen G2 Intensivbehandlung Psychisch Kranke im höheren Lebensalter, manifest selbstgefährdet, fremdgefährdend und somatisch vitalgefährdet Erkennen und Heilen, Risikoabschätzung, Krisenbewältigung, Bessern der vital bedrohlichen Störungen, Stabilisierung als Voraussetzung für weitere therapeutische Maßnahmen Psychiatrische und somatische Diagnostik. Erst- und Notfallbehandlung, einzelbezogene Intensivbehandlung einschließlich medikamentöser Therapie G3 Rehabilitative Behandlung Ausreichend stabilisierte psychisch Kranke im höheren Lebensalter mit psychischen, somatischen und sozialen Einbußen Bessern und Lindern, mit Krankheit und Alter leben lernen, Wiedereingliederung zu Hause oder in Einrichtungen der Altenhilfe Training zum Ausgleich von Einbußen lebenspraktischer Fertigkeiten, Orientierungs- und Gedächtnistraining, Soziotherapie1), Psychotherapie G4 Langdauernde Behandlung Schwer- und Mehrfachkranker Psychisch Kranke im höheren Lebensalter mit anhaltenden akuten Symptomen und erheblichen psychischen, somatischen und sozialen Einbußen Bessern und Lindern, Verhüten von Verschlimmerung, Stabilisierung als Voraussetzung für weitere therapeutische Maßnahmen oder Entlassung in häusliche oder Heimpflege Medizinische Grundversorgung mit kontinuierlich hohem ärztlichen und pflegerischen Aufwand, gegebenenfalls ergänzt durch Einbeziehung weiterer gebietsärztlicher Leistungen, Gestaltung des therapeutischen Milieus G5 Psychotherapie Kranke im höheren Lebensalter mit schweren Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen, die stationär psychotherapeutisch behandelt werden müssen Erkennen von Krankheit, Krisenbewältigung, Befähigung zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung Komplexe psychotherapeutische Behandlung G6 Tagesklinische Behandlung2) Psychisch Kranke im höheren Lebensalter, nicht oder nicht mehr vollstationär behandlungsbedürftig Erkennen von Krankheit, Bessern, psychische, somatische und soziale Stabilisierung, Krisenbewältigung, Wiedereingliederung, Vermeidung oder Verkürzung vollstationärer Behandlung Psychiatrische, neurologische und allgemeinmedizinische Diagnostik und Therapie einschließlich Pharmakotherapie. Training zum Ausgleich von Einbußen lebenspraktischer Fertigkeiten, Orientierungs- und Gedächtnistraining, Soziotherapie, Psychotherapie ) Als Soziotherapie werden in diesem Zusammenhang alle handlungsorientierten Einflußnahmen auf die Wechselwirkungen zwischen der Erkrankung des Patienten und seinem sozialen Umfeld verstanden. 2) Integrierte tages- oder nachtklinische Behandlung soll im Einzelfall von jeder Station aus möglich sein. Der Patient erhält einen teilstationären Status auf der Station, die ihn auch vollstationär behandeln würde. 2938 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I Anlage 2 (zu § 8) Einrichtungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie Inhaltliche Beschreibung der aufgabentypischen Schwerpunkte Behandlungsbereiche Kranke Behandlungsziele Behandlungsmittel KJ1 Kinderpsychiatrische Regel- und Intensivbehandlung (bis 14. Lebensjahr) Vorschul- und Schulkinder mit akuten psychischen, psychosomatischen und/ oder neuropsychiatrischen Erkrankungen, mit u. a. selbst- und fremdgefährdendem Verhalten, schweren Verhaltensstörungen, Teilleistungsstörungen sowie Entwicklungsstörungen der kognitiven, emotionalen, psychosozialen Kompetenz Psychosoziale Integration in Familie, Heim, Kindergarten, Schule u. a.; Ausgleich von Entwick-lungs- und Funktionsdefiziten; Befähigung zur ambulanten Behandlung Diagnostik und medizinische Grundversorgung, heilpädagogische Behandlung, Elternberatung, Familientherapie, Einzel-und Gruppenpsychotherapie, funktionelle Therapien, Entwicklungstherapie KJ2 Jugendpsychiatrische Regelbehandlung Jugendliche und Heranwachsende mit akuten psychischen, psychosomatischen und/oder neuropsychiatrischen Erkrankungen, mit u. a. schweren Verhaltensstörungen und Entwicklungsstörungen der kognitiven, emotionalen, psychosozialen Kompetenz Psychosoziale Integration; Bewältigung der gestörten alterstypischen Ablösungsund Verselbständigungs-prozesse; Befähigung zur ambulanten Behandlung Diagnostik und medizinische Grundversorgung; Milieutherapie; Eltern beratung; Familientherapie; Einzel- und Gruppenpsychotherapie; Beschäftigungstherapie; Arbeitstherapie KJ3 Jugendpsychiatrische Intensivbehandlung Psychisch kranke Jugendliche und psychosozial retardierte Heranwachsende, manifest selbstgefährdet, vital gefährdet, fremdgefährdend, hochgradig erregt Krisenbewältigung; Befähigung zur jugendpsychiatrischen Regelbehandlung (KJ2)oder zur ambulanten Behandlung Diagnostik und medizinische Grundversorgung; eng strukturierte Betreuung (evtl. freiheitsentziehende Maßnahmen); Krisenbewältigung; Elternberatung; Familientherapie; Pharmakotherapie; Einzeltherapie; überwiegend stationsgebundene Therapieangebote KJ4 Rehabilitative Behandlung Längerfristig psychisch kranke Kinder, Jugendliche, Heranwachsende mit krankheitsbedingten komplexen kognitiven, emotionalen und psychosozialen Defiziten Entlassung in Familie, Wohngemeinschaft, Heim o. ä. schulische oder berufliche Eingliederung Medizinische Grundversorgung Milieutherapie; Rehabilitationsprogramm mit speziellen Trainingsmaßnahmen; Arbeitstherapie, Planung und Durchführung von Maßnahmen zur Eingliederung; Beratung von Bezugspersonen; Familientherapie; Einzelpsychotherapie (evtl. nur phasenweise) Nr. 72 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. Dezember 1990 2939 Behandlungsbereiche Kranke Behandlungsziele Behandlungsmittel KJ5 Langdauernde Behandlung Schwer-und Mehrfachkranker Langfristig schwer psychisch kranke und mehrfach behinderte Kinder, Jugendliche und Heranwachsende, selbstgefährdet, fremdgefährdend, erregt, desorientiert Verhaltenskorrektur und Vermittlung grundlegender lebenspraktischer und sozialer Fertigkeiten als Voraussetzung für weitere therapeutische Maßnahmen (evtl. Aufgabenbereich KJ4) Medizinische Grundversorgung; eng strukturierte Betreuung (evtl. freiheitsentziehende Maßnahmen); Verlaufsdiagnostik; heilpädagogische Gruppenbehandlung; Elternberatung; Familientherapie; funktionelle Therapie KJ6 Eltern-Kind-Behandlung (gemeinsame Aufnahme von Kind und Bezugsperson) Kinder mit psychischen, psychosomatischen und neuropsychiatrischen Erkrankungen, Kommunikations- und Interaktionsstörungen, selbstverletzendem Verhalten Stärkung der elterlichen Erziehungs- und Betreuungskompetenz auf der Basis der Entwicklungsdiagnostik; Einleitung ambulanter Behandlung Diagnostik und medizinische Grundversorgung; Frühtherapie; Elternberatung; Familientherapie; spezielle Therapieprogramme für Kind und Eltern (Erzieher) als kurzfristige Intensivmaßnahme KJ7 Tagesklinische Behandlung) Kinder und Jugendliche mit psychischen, psychosomatischen und neuropsychiatrischen Erkrankungen, die keiner vollstationären Behandlung bedürfen Wahrung der Integration in Familie oder Heim; Verbesserung der psychosozialen Kompetenz; Befähigung zu Schulbesuch bzw. Fortsetzung der beruflichen Ausbildung Diagnostik und medizinische Grundversorgung; heilpädagogische Behandlung; Elternberatung; Familientherapie; Einzel- und Gruppenpsychotherapie; funktionelle Therapien; Entwicklungstherapie ) Integrierte Tages- und Nachtklinikbehandlung soll im Einzelfall von jeder Station aus möglich sein. Der Patient erhält teilstationären Status auf der Station, die ihn auch vollstationär behandeln würde.