Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1993  Nr. 63 vom 02.12.1993  - Seite 1928 bis 1930 - Zweites Gesetz zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes

Zweites Gesetz zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes 1928 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1993, Teil I Zweites Gesetz zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes Vom 26. November 1993 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Das Haushaltsgrundsätzegesetz vom 19. August 1969 (BGBl. IS. 1273), zuletzt geändert durch Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 39 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 990), wird wie folgt geändert: Nach § 57 werden folgende Vorschriften eingefügt: "§57a (1) Zur Erfüllung der Verpflichtungen aus Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Vergabe von Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen sowie Wettbewerbe, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen, durch folgende Auftraggeber: 1. Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen und die aus ihnen bestehenden Verbände, 2. andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, wenn Stellen, die unter Nummer 1 fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe bestimmt haben. Das gleiche gilt dann, wenn die Stelle, die einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat, unter Satz 1 fällt, 3. Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, 4. Unternehmen in privater Rechtsform, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs- oder Fernmeldewesens tätig sind, soweit Stellen, die unter Nummern 1 bis 3 fallen, auf sie einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluß ausüben können, 5. andere natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs- oder Fernmeldewesens tätig sind und diese Tätigkeiten auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, 6. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, in den Fällen, in denen sie für Vorhaben zu einem gemeinnützigen Zweck von Stellen, die unter Nummern 1 bis 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 vom Hundert finanziert werden, 7. natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die mit Stellen, die unter Nummern 1 bis 3 fallen, einen Vertrag über die Erbringung von Bauleistungen abgeschlossen haben, bei dem die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einer Vergütung in dem Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht, hinsichtlich der Aufträge an Dritte, 8. natürliche und juristische Personen des Privatrechts, die mit einer der in Nummern 1 bis 3 genannten Stellen einen Vertrag über die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen, geschlossen haben. (2) Die Rechtsverordnung regelt insbesondere die Bekanntmachung, den Ablauf und die Arten der Vergabe, die Auswahl und Prüfung der Unternehmen und der Angebote, den Abschluß der Verträge und sonstige Fragen des Vergabe- oder Wettbewerbsverfahrens. (3) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen über ein Verfahren erlassen, nach dem Auftraggeber, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs- oder Fernmeldewesens tätig sind, durch unabhängige Prüfer eine Bescheinigung erhalten können, daß ihr Vergabeverhalten mit den auf Grund von Absatz 1 anzuwendenden Vergabevorschriften übereinstimmt. §57 b (1) Die Verfahren zur Vergabe von Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen der in § 57a Abs. 1 genannten Auftraggeber sowie die von ihnen veranstalteten Wettbewerbe unterliegen der Nachprüfung durch Vergabeprüfstellen. Die Regelungen des Bundes und der Länder zur Fach- und Rechtsaufsicht bleiben unberührt. (2) Die Bundesregierung erläßt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen über die Zuständigkeit der Vergabeprüfstellen. Die Organisation der Vergabeprüfstellen regeln Bund und Länder jeweils für ihren Bereich. Über die Regelungen in Satz 1 hinausgehende Zuständigkeitsregelungen sowie die Organisation der Vergabeprüfstellen in den Ländern bestimmen die nach Landesrecht zuständigen Stellen, mangels einer sol- Nr. 63 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 2. Dezember 1993 1929 chen Bestimmung die Landesregierung; diese kann die Ermächtigung weiter übertragen. (3) Die Vergabeprüfstelle ist verpflichtet, das Nachprüfungsverfahren einzuleiten, wenn sich Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Vergabevorschriften ergeben, die gemäß einer auf Grund von § 57a erlassenen Rechtsverordnung anzuwenden sind. Diese Verpflichtung besteht insbesondere, wenn jemand, der ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte, einen Verstoß gegen Vergabevorschriften im Sinne des Satzes 1 geltend macht. (4) Die Vergabeprüfstelle prüft die Einhaltung der gemäß einer auf Grund von § 57a erlassenen Rechtsverordnung anzuwendenden Vergabebestimmungen. Sie kann die das Vergabeverfahren durchführenden Stellen verpflichten, rechtswidrige Maßnahmen oder Entscheidungen aufzuheben oder rechtmäßige Maßnahmen oder Entscheidungen zu treffen. Ist die Vergabestelle eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die unter § 57a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 fällt, und kommt diese den Anweisungen nicht nach, kann die Vergabeprüfstelle die notwendigen Maßnahmen selbst verfügen und vollziehen. Die Vergabeprüfstelle kann das Vergabeverfahren einstweilig aussetzen. Bei der Entscheidung über eine einstweilige Aussetzung hat sie alle betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen. Dabei ist insbesondere das öffentliche Interesse zu berücksichtigen, daß unangemessene Verzögerungen bei der Vergabe von Aufträgen vermieden werden. Von einer Aussetzung des Vergabeverfahrens ist abzusehen, wenn das überwiegende Interesse seine Weiterführung erfordert. Ist die Vergabeentscheidung der Vergabestelle durch Auftragserteilung bereits vollzogen worden, beschränkt sich die Entscheidung der Vergabeprüfstelle auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens. (5) Die Vergabeprüfstelle kann von den in § 57a Abs. 1 genannten Auftraggebern die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte verlangen. Sie darf die nach Satz 1 oder auf sonstige Weise erlangten Kenntnisse an die Bundesregierung übermitteln, soweit dies zur Erfüllung von Verpflichtungen der Bundesregierung aus Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften erforderlich ist. Die näheren Einzelheiten des Nachprüfungsverfahrens regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates. (6) Die Regelungen über die vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machenden Schadensersatzansprüche bei Verstößen gegen Vergabevorschriften bleiben unberührt. §57c (1) Bund und Länder sind verpflichtet, zur Überwachung des Vergabewesens ihres Bereichs jeweils einen Vergabeüberwachungsausschuß einzurichten, der seine Tätigkeit unabhängig und in eigener Verantwortung ausübt. Die Länder können auch einen oder mehrere gemeinsame Vergabeüberwachungsausschüsse einrichten. (2) Bei dem Vergabeüberwachungsausschuß werden eine oder mehrere Kammern gebildet. Die Kammern entscheiden in der Besetzung von einem Vorsitzenden, einem beamteten und einem ehrenamtlichen Beisitzer. Die Mitglieder der Kammern sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Der Vorsitzende und einer der Beisitzer müssen Beamte auf Lebenszeit sein. Der Vorsitzende und einer der Beisitzer müssen die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz oder die Befähigung zum Berufsrichter nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchstabe a und y Doppelbuchstabe aa des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 929, 930) besitzen. Die Beisitzer sollen über gründliche Kenntnisse des Vergabewesens verfügen. Die Amtszeit der ehrenamtlichen Mitglieder beträgt fünf Jahre. Ehrenamtliche Mitglieder dürfen während ihrer Amtszeit nicht mit Fällen befaßt werden, bei denen sie selbst an der Vergabeentscheidung mitgewirkt haben oder bei denen sie Bieter oder Interessenvertreter von Bietern sind oder waren. (3) Für die Nichtigkeit und Rücknahme der Berufung zum beamteten Mitglied einer Kammer des Vergabeüberwachungsausschusses sowie für die Unabhängigkeit und Absetzbarkeit der beamteten Mitglieder der Kammern gelten § 18 Abs. 1 und 2, § 19 Abs. 1 Nr. 1,3 und 4 und Abs. 2, § 26 Abs. 1 und 2, § 27 Abs, 1, § 30 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und Abs. 3, §§ 31,32,33 und 37 des Deutschen Richtergesetzes entsprechend. Die Nichtigkeit einer Ernennung kann erst geltend gemacht werden, nachdem die ernennende Stelle sie bestandskräftig festgestellt hat. (4) Für die Nichtigkeit und Rücknahme der Berufung zum ehrenamtlichen Mitglied einer Kammer des Vergabeüberwachungsausschusses gelten § 18 Abs. 1 und 2, § 19 Abs. 1 Nr. 1,3 und 4 und Abs. 2 des Deutschen Richtergesetzes entsprechend. Die Berufung ist auch zurückzunehmen, wenn der ehrenamtliche Beisitzer eine Amtspflicht grob verletzt. Die Nichtigkeit einer Ernennung kann erst geltend gemacht werden, nachdem die ernennende Stelle sie bestandskräftig festgestellt hat. Ehrenamtliche Beisitzer erhalten eine Entschädigung entsprechend den §§ 1 bis 5 und 8 bis 10 des Gesetzes über die Entschädigung ehrenamtlicher Richter. (5) Der Vergabeüberwachungsausschuß überprüft die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Vergabeprüfstelle. Eine Überprüfung der Tatsachen, die der Entscheidung der Vergabeprüfstelle zugrunde liegen, findet nicht statt. Stellt der Vergabeüberwachurigsausschuß die Rechtswidrigkeit der Entscheidungen der Vergabeprüfstelle fest, weist er die Vergabeprüfstelle an, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabeüberwachungsausschusses erneut zu entscheiden. (6) Der Vergabeüberwachungsausschuß kann innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Entscheidung der Vergabeprüfstelle angerufen werden, wenn die Verletzung von Vergabebestimmungen geltend gemacht wird, die gemäß einer Rechtsverordnung auf Grund von § 57a anzuwenden sind. Antragsberechtigt ist derjenige, der den Verstoß gegen Vergabevorschriften geltend gemacht hat. (7) Zur Durchführung der ihm nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben wird ein Vergabeüberwachungsausschuß des Bundes errichtet. Seine beamteten Mitglieder sind Vorsitzende und Beisitzer von Beschlußabteilungen des Bundeskartellamtes. Die Aufgaben der Vorsitzenden von Kammern werden von Vorsitzenden, die der beamteten Beisitzer von Beisitzern der Beschlußabteilungen wahrgenommen. Absatz 2 bleibt unberührt. Der Präsident des Bundeskartellamtes regelt die Besetzung des Vergabeüberwachungsausschusses und die Bildung und Besetzung von Kammern. Der Präsident des Bundeskartellamtes ernennt die ehrenamtlichen Beisitzer und 1930 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1993, Teil I (10) Für Amtshandlungen der Vergabeüberwachungsausschüsse werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz findet Anwendung. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Erhebung der Kosten und der Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu regeln." Artikel 2 Die Bestimmungen anderer Rechtsvorschriften, die die Geltung des Haushaltsgrundsätzegesetzes ausschließen, stehen der Anwendung der §§ 57a bis 57c des Haushaltsgrundsätzegesetzes nicht entgegen. Artikel 3 Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet. Bonn, den 26. November 1993 Der Bundespräsident Weizsäcker Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Der Bundesminister für Wirtschaft Rexrodt deren Stellvertreter auf Vorschlag der Spitzenorganisationen der öffentlich-rechtlichen Kammern. Der Vergabeüberwachungsausschuß gibt sich eine Geschäftsordnung zur Regelung der Verteilung und des Gangs der Geschäfte. Das Bundeskartellamt stellt dem Vergabeüberwachungsausschuß sein Personal und seine sachliche Ausstattung zur Erledigung der Geschäfte zur Verfügung. Die Dienstaufsicht führt im Auftrage der Bundesregierung der Präsident des Bundeskartellamtes. (8) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates weitere Organisations- und Verfahrensvorschriften erlassen. (9) Die Einrichtung und Organisation der Vergabeüberwachungsausschüsse zur Überprüfung der Entscheidungen der Vergabeprüfstellen der Länder bestimmen die nach Landesrecht zuständigen Stellen, mangels einer solchen Bestimmung die Landesregierung; diese kann die Ermächtigung weiter übertragen.