Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil II  2002  Nr. 40 vom 28.10.2002  - Seite 2727 bis 2732 - Gesetz zu dem Übereinkommen vom 26. Mai 1997 über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind

Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil II Nr. 40, ausgegeben zu Bonn am 28. Oktober 2002 2727 Gesetz zu dem Übereinkommen vom 26. Mai 1997 über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind Vom 21. Oktober 2002. Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 (1) Dem in Brüssel am 26. Mai 1997 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind, wird zugestimmt. Das Übereinkommen wird nachstehend veröffentlicht. (2) Die Bundesregierung kann bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde eine Erklärung nach Artikel 13 Abs. 4 des Übereinkommens abgeben. Artikel 2 (1) Jedes Gericht kann dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eine Frage zur Vorabentscheidung vorlegen, die sich ihm in einem schwebenden Verfahren stellt, an dem ein Mitglied oder Beamter eines Gemeinschaftsorgans oder einer gemäß den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften errichteten Einrichtung beteiligt ist, der in Ausübung seines Amtes gehandelt hat, und die sich auf die Auslegung der Artikel 1 bis 4 oder der Artikel 12 bis 16 des Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind, bezieht, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seiner Entscheidung für erforderlich hält. (2) Ein Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung Fragen nach Absatz 1 vorzulegen, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seiner Entscheidung für erforderlich hält. Artikel 3 (1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Artikel 2 tritt an dem Tag in Kraft, an dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 13 Abs. 3 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt. (2) Der Tag, an dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 13 Abs. 3 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben. Das Gleiche gilt für den Tag, von dem an das Übereinkommen nach seinem Artikel 13 Abs. 4 vorzeitige Anwendung findet. 2728 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil II Nr. 40, ausgegeben zu Bonn am 28. Oktober 2002 Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 21. Oktober 2002 Der Bundespräsident Johannes Rau Der Bundeskanzler Gerhard Schröder Die Bundesministerin der Justiz Däubler-Gmelin Der Bundesminister des Auswärtigen J. F i s c h e r Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil II Nr. 40, ausgegeben zu Bonn am 28. Oktober 2002 2729 Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind Die Hohen Vertragsparteien dieses Übereinkommens, die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ­ unter Bezugnahme auf den Rechtsakt des Rates der Europäischen Union vom 26. Mai 1997, in Erwägung nachstehender Gründe: Die Mitgliedstaaten betrachten die Verbesserung der justitiellen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Bestechung als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse, die unter die durch Titel VI des Vertrags eingeführte Zusammenarbeit fällt. Der Rat hat mit Rechtsakt vom 27. September 1996 ein Protokoll erstellt, das insbesondere auf die Bekämpfung von Bestechungshandlungen abzielt, an denen nationale oder Gemeinschaftsbeamte beteiligt sind und durch die die finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften geschädigt werden oder geschädigt werden können. Zur Verbesserung der justitiellen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in Strafsachen ist über das genannte Protokoll hinauszugehen und ein Übereinkommen zu erstellen, das generell auf die Bekämpfung von Bestechungshandlungen abzielt, an denen Gemeinschaftsbeamte oder Beamte der Mitgliedstaaten beteiligt sind, in dem Bestreben, eine kohärente und wirksame Anwendung dieses Übereinkommens in der gesamten Europäischen Union sicherzustellen ­ sind wie folgt übereingekommen: Artikel 1 Definitionen Für die Zwecke dieses Übereinkommens a) bezeichnet der Ausdruck ,,Beamter" sowohl einen Gemeinschafts- als auch einen nationalen Beamten, einschließlich eines nationalen Beamten eines anderen Mitgliedstaats; b) bezeichnet der Ausdruck ,,Gemeinschaftsbeamter" ­ eine Person, die Beamter oder durch Vertrag eingestellter Bediensteter im Sinne des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften oder der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften ist; ­ eine Person, die den Europäischen Gemeinschaften von den Mitgliedstaaten oder von öffentlichen oder privaten Einrichtungen zur Verfügung gestellt wird und dort Aufgaben wahrnimmt, die den Aufgaben der Beamten oder sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften entsprechen. Mitglieder von Einrichtungen, die gemäß den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften errichtet wurden, und die Bediensteten dieser Einrichtungen werden Artikel 3 Bestechung (1) Für die Zwecke dieses Übereinkommens ist der Tatbestand der Bestechung dann gegeben, wenn eine Person vorsätzlich einem Beamten unmittelbar oder über eine Mittelsperson einen Vorteil jedweder Art für ihn selbst oder für einen Dritten als Gegenleistung dafür verspricht oder gewährt, dass der Beamte unter Verletzung seiner Dienstpflichten eine Diensthandlung oder eine Handlung bei der Ausübung seines Dienstes vornimmt oder unterlässt. (2) Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in Absatz 1 genannten Handlungen Straftaten sind. Artikel 4 Assimilation (1) Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in seinem Strafrecht die Umschreibungen der Straftaten im Sinne der Artikel 2 und 3, die von oder gegenüber Ministern seiner Regierung, gewählten Vertretern als Gemeinschaftsbeamte behandelt, soweit das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften oder die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften nicht für sie gelten; c) wird der Ausdruck ,,nationaler Beamter" entsprechend der Definition für den Begriff ,,Beamter" oder ,,Amtsträger" im innerstaatlichen Recht des Mitgliedstaats, in dem der Betreffende diese Eigenschaft für die Zwecke der Anwendung des Strafrechts dieses Mitgliedstaats besitzt, ausgelegt. Handelt es sich jedoch um ein Verfahren, das ein Mitgliedstaat wegen einer Straftat einleitet, an der ein Beamter eines anderen Mitgliedstaats beteiligt ist, braucht ersterer die Definition für den Begriff ,,nationaler Beamter" jedoch nur insoweit anzuwenden, als diese mit seinem innerstaatlichen Recht im Einklang steht. Artikel 2 Bestechlichkeit (1) Für die Zwecke dieses Übereinkommens ist der Tatbestand der Bestechlichkeit dann gegeben, wenn ein Beamter vorsätzlich unmittelbar oder über eine Mittelsperson für sich oder einen Dritten Vorteile jedweder Art als Gegenleistung dafür fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, dass er unter Verletzung seiner Dienstpflichten eine Diensthandlung oder eine Handlung bei der Ausübung seines Dienstes vornimmt oder unterlässt. (2) Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in Absatz 1 genannten Handlungen Straftaten sind. 2730 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil II Nr. 40, ausgegeben zu Bonn am 28. Oktober 2002 c) die Straftat sich gegen eine in Artikel 1 genannte Person oder ein Mitglied der in Artikel 4 Absatz 1 genannten Organe der Europäischen Gemeinschaften richtet, das zugleich eines seiner Staatsangehörigen ist; d) es sich bei dem Täter um einen Gemeinschaftsbeamten eines Organs der Europäischen Gemeinschaften oder einer gemäß den Verträgen zur Gründung der Gemeinschaften geschaffenen Einrichtung, die ihren Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat hat, handelt. (2) Jeder Mitgliedstaat kann bei der Notifizierung gemäß Artikel 13 Absatz 2 erklären, dass er eine oder mehrere Bestimmungen über die Gerichtsbarkeit gemäß Absatz 1 Buchstaben b, c und d nicht oder nur in bestimmten Fällen oder unter bestimmten Umständen anwendet. seiner parlamentarischen Versammlungen, Mitgliedern seiner obersten Gerichte oder Mitgliedern seines Rechnungshofs bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben begangen werden, in der gleichen Weise für die Fälle gelten, in denen die Straftaten von oder gegenüber Mitgliedern der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, des Europäischen Parlaments, des Gerichtshofs und des Rechnungshofs der Europäischen Gemeinschaften bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben begangen werden. (2) Hat ein Mitgliedstaat besondere Rechtsvorschriften für Handlungen oder Unterlassungen erlassen, für die Minister der Regierung aufgrund ihrer besonderen politischen Stellung in dem betreffenden Mitgliedstaat verantwortlich sind, so gilt Absatz 1 dieses Artikels nicht für diese Rechtsvorschriften, sofern der Mitgliedstaat gewährleistet, dass die Strafvorschriften, mit denen die Artikel 2 und 3 umgesetzt werden, auch die Mitglieder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften erfassen. (3) Die Absätze 1 und 2 berühren nicht die in jedem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen über das Strafverfahren und die Bestimmung des jeweils zuständigen Gerichts. (4) Dieses Übereinkommen findet Anwendung unter voller Einhaltung der einschlägigen Vorschriften der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, der Satzung des Gerichtshofs sowie der dazu jeweils erlassenen Durchführungsvorschriften, was die Aufhebung der Befreiungen betrifft. Artikel 8 Auslieferung und Verfolgung (1) Liefert ein Mitgliedstaat nach seinem Recht seine eigenen Staatsangehörigen nicht aus, so trifft er die erforderlichen Maßnahmen, um seine Gerichtsbarkeit für Straftaten, deren Tatbestände er aufgrund der Verpflichtungen aus den Artikeln 2, 3 und 4 geschaffen hat, in den Fällen zu begründen, in denen diese Straftaten von seinen Staatsangehörigen außerhalb seines Hoheitsgebiets begangen worden sind. (2) Jeder Mitgliedstaat befasst, wenn einer seiner Staatsangehörigen beschuldigt wird, in einem anderen Mitgliedstaat eine Straftat, deren Tatbestand aufgrund der Verpflichtungen aus den Artikeln 2, 3 oder 4 geschaffen wurde, begangen zu haben, und er den Betreffenden allein aufgrund von dessen Staatsangehörigkeit nicht ausliefert, seine zuständigen Behörden mit diesem Fall, damit gegebenenfalls eine Verfolgung durchgeführt werden kann. Zu diesem Zweck sind die die Straftat betreffenden Akten, Unterlagen und Gegenstände nach den Verfahren des Artikels 6 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 zu übermitteln. Der ersuchende Mitgliedstaat ist über die eingeleitete Verfolgung und über deren Ergebnisse zu unterrichten. (3) Für die Zwecke dieses Artikels ist der Begriff ,,Staatsangehörige" eines Mitgliedstaats im Sinne der gegebenenfalls von dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b des Europäischen Auslieferungsübereinkommens abgegebenen Erklärung und entsprechend Absatz 1 Buchstabe c des genannten Artikels auszulegen. Artikel 5 Sanktionen (1) Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in den Artikeln 2 und 3 genannten Handlungen sowie die Beihilfe zu diesen Handlungen oder die Anstiftung dazu durch wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Strafen geahndet werden können, die zumindest in schweren Fällen auch Freiheitsstrafen umfassen, die zu einer Auslieferung führen können. (2) Absatz 1 lässt die Ausübung der Disziplinargewalt der zuständigen Behörden gegenüber nationalen oder Gemeinschaftsbeamten unberührt. Bei der Strafzumessung können die nationalen Gerichte Disziplinarmaßnahmen, die gegenüber derselben Person wegen derselben Handlung ergriffen worden sind, entsprechend den Grundsätzen ihres innerstaatlichen Rechts berücksichtigen. Artikel 9 Artikel 6 Strafrechtliche Verantwortung der Unternehmensleiter Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, damit die Leiter, Entscheidungsträger oder Träger von Kontrollbefugnissen von Unternehmen bei Bestechungshandlungen gemäß Artikel 3, die eine ihnen unterstellte Person zum Vorteil des Unternehmens begeht, nach den Grundsätzen des innerstaatlichen Rechts für strafrechtlich verantwortlich erklärt werden können. Zusammenarbeit (1) Betrifft ein Verfahren hinsichtlich einer Straftat, deren Tatbestand aufgrund der Verpflichtungen aus den Artikeln 2, 3 und 4 geschaffen wurde, zwei oder mehr Mitgliedstaaten, so arbeiten diese Staaten bei den Ermittlungen, der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung wirksam zusammen, zum Beispiel durch Rechtshilfe, Auslieferung, Übertragung der Strafverfolgung oder der Vollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat ergangener Urteile. (2) Steht mehreren Mitgliedstaaten die Gerichtsbarkeit und die Möglichkeit zu, eine Straftat, die auf denselben Tatsachen beruht, wirksam zu verfolgen, so arbeiten die betreffenden Mitgliedstaaten zusammen, um darüber zu entscheiden, welcher von ihnen den oder die Straftäter verfolgt, um die Strafverfolgung nach Möglichkeit in einem einzigen Mitgliedstaat zu konzentrieren. Artikel 10 Ne bis in idem (1) Die Mitgliedstaaten wenden in ihrem innerstaatlichen Strafrecht das ,,Ne bis in idem"-Prinzip an, demzufolge jemand, der in einem Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, in Artikel 7 Gerichtsbarkeit (1) Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um seine Gerichtsbarkeit für Straftaten, deren Tatbestände er aufgrund der Verpflichtungen aus den Artikeln 2, 3 und 4 geschaffen hat, in den Fällen zu begründen, in denen a) die Straftat ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen worden ist; b) es sich bei dem Täter um einen seiner Staatsangehörigen oder einen seiner Beamten handelt; Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil II Nr. 40, ausgegeben zu Bonn am 28. Oktober 2002 einem anderen Mitgliedstaat wegen derselben Tat nicht verfolgt werden darf, sofern im Fall einer Verurteilung die Sanktion vollstreckt worden ist oder derzeit vollstreckt wird oder nach dem Recht des verurteilenden Staats nicht mehr vollstreckt werden kann. (2) Ein Mitgliedstaat kann bei der Notifizierung gemäß Artikel 13 Absatz 2 erklären, dass er in einem oder mehreren der folgenden Fälle nicht durch Absatz 1 gebunden ist: a) wenn die Tat, die dem ausländischen Urteil zugrunde lag, ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen wurde. Im letzteren Fall gilt diese Ausnahme jedoch nicht, wenn diese Tat teilweise im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats begangen wurde, in dem das Urteil ergangen ist; b) wenn die Tat, die dem ausländischen Urteil zugrunde lag, eine gegen die Sicherheit oder andere gleichermaßen wesentliche Interessen des betreffenden Mitgliedstaats gerichtete Straftat darstellt; c) wenn die Tat, die dem ausländischen Urteil zugrunde lag, von einem Amtsträger des betreffenden Mitgliedstaats unter Verletzung seiner Amtspflicht begangen wurde. (3) Wird in einem Mitgliedstaat eine erneute Verfolgung gegen eine Person eingeleitet, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat wegen derselben Tat rechtskräftig abgeurteilt wurde, so wird jede in dem zuletzt genannten Mitgliedstaat wegen dieser Tat erlittene Freiheitsentziehung auf eine etwa zu verhängende Sanktion angerechnet. Soweit das innerstaatliche Recht dies erlaubt, werden andere als freiheitsentziehende Sanktionen ebenfalls berücksichtigt, sofern sie bereits vollstreckt wurden. (4) Ausnahmen, die Gegendstand einer Erklärung nach Absatz 2 waren, finden keine Anwendung, wenn der betreffende Mitgliedstaat den anderen Mitgliedstaat wegen derselben Tat um Verfolgung ersucht oder die Auslieferung des Betroffenen bewilligt hat. (5) Zwischen den Mitgliedstaaten geschlossene einschlägig bilaterale oder multilaterale Übereinkünfte und die Erklärungen dazu werden von diesem Artikel nicht berührt. 2731 dem Mitglieder oder Beamte von Gemeinschaftsorganen oder von gemäß den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften errichteten Einrichtungen beteiligt sind, die in Ausübung ihres Amtes gehandelt haben, dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegen, wenn sie diese Entscheidung zum Erlass ihres Urteils für erforderlich halten. (4) Die Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Absatz 3 ist daran gebunden, dass der betreffende Mitgliedstaat bei der Notifizierung nach Artikel 13 Absatz 2 oder zu einem späteren Zeitpunkt eine Erklärung abgibt, nach der er Entscheidungen des Gerichtshofs anerkennt. (5) Ein Mitgliedstaat, der eine Erklärung nach Absatz 4 abgibt, kann die Möglichkeit der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof auf diejenigen seiner Gerichte beschränken, deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. (6) Die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft und seine Geschäftsordnung finden Anwendung. Gemäß dieser Satzung können die Kommission sowie jeder Mitgliedstaat unabhängig davon, ob er eine Erklärung nach Absatz 4 abgegeben hat oder nicht, in Rechtssachen nach Absatz 3 beim Gerichtshof Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben. Artikel 13 Inkrafttreten (1) Dieses Übereinkommen bedarf der Annahme durch die Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften. (2) Die Mitgliedstaaten notifizieren dem Generalsekretär des Rates der Europäischen Union den Abschluss der Verfahren, die nach ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften für die Annahme dieses Übereinkommens erforderlich sind. (3) Dieses Übereinkommen tritt 90 Tage nach der in Absatz 2 genannten Notifizierung durch den Mitgliedstaat, der diese Förmlichkeit zuletzt vornimmt, in Kraft. (4) Bis zum Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann jeder Mitgliedstaat bei der Notifizierung gemäß Absatz 2 oder zu einem späteren Zeitpunkt erklären, dass dieses Übereinkommen mit Ausnahme des Artikels 12 für ihn in seinen Beziehungen zu den Mitgliedstaaten Anwendung findet, die dieselbe Erklärung abgegeben haben. Dieses Übereinkommen gilt für den Mitgliedstaat, der eine solche Erklärung abgegeben hat, ab dem ersten Tag des Monats, der auf einen Zeitraum von 90 Tagen nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der Erklärung folgt. (5) Hat ein Mitgliedstaat keine Erklärung nach Absatz 4 abgegeben, so kann er dieses Übereinkommen mit anderen vertragschließenden Mitgliedstaaten aufgrund von bilateralen Übereinkünften anwenden. Artikel 14 Beitritt neuer Mitgliedstaaten (1) Dieses Übereinkommen steht allen Staaten, die Mitglied der Europäischen Union werden, zum Beitritt offen. (2) Der vom Rat der Europäischen Union erstellte Wortlaut dieses Übereinkommens in der Sprache des beitretenden Staates ist verbindlich. (3) Die Beitrittsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt. (4) Dieses Übereinkommen tritt für jeden Staat, der ihm beitritt, 90 Tage nach dem Tag der Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde oder am Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens in Kraft, wenn dieses bei Ablauf des genannten 90-Tage-Zeitraums noch nicht in Kraft getreten ist. (5) Falls dieses Übereinkommen bei der Hinterlegung der Beitrittsurkunde noch nicht in Kraft ist, gilt Artikel 13 Absatz 4 für die beitretenden Staaten. Artikel 11 Innerstaatliche Rechtsvorschriften Dieses Übereinkommen hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, innerstaatliche Rechtsvorschriften zu erlassen, die über die Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen hinausgehen. Artikel 12 Gerichtshof (1) Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens, die bilateral nicht beigelegt werden konnten, werden zunächst im Rat nach dem Verfahren des Titels VI des Vertrags über die Europäische Union mit dem Ziel ihrer Beilegung erörtert. Ist die Streitigkeit nach Ablauf von sechs Monaten nicht beigelegt, so kann der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften von einer Streitpartei befasst werden. (2) Streitigkeiten in Bezug auf Artikel 1 ­ mit Ausnahme des Buchstabens c ­ und die Artikel 2, 3 und 4 zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die eine Frage des Gemeinschaftsrechts oder der finanziellen Interessen der Gemeinschaften betreffen oder an denen Mitglieder oder Beamte von Gemeinschaftsorganen oder von gemäß den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften errichteten Einrichtungen beteiligt sind und die auf dem Verhandlungswege nicht beigelegt werden konnten, können von einer Streitpartei dem Gerichtshof vorgelegt werden. (3) Die Gerichte der Mitgliedstaaten können eine die Auslegung der Artikel 1 bis 4 und 12 bis 16 betreffende Frage, die in einem vor ihnen anhängigen Rechtsstreit aufgeworfen wurde, an 2732 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil II Nr. 40, ausgegeben zu Bonn am 28. Oktober 2002 Artikel 15 Vorbehalte Artikel 16 Verwahrer (1) Verwahrer dieses Übereinkommens ist der Generalsekretär des Rates der Europäischen Union. (2) Der Verwahrer veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften den Stand der Annahmen und Beitritte, die Erklärungen und Vorbehalte sowie alle sonstigen Notifizierungen im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen. (1) Vorbehalte sind mit Ausnahme der in Artikel 7 Absatz 2 und Artikel 10 Absatz 2 vorgesehenen Vorbehalte nicht zulässig. (2) Jeder Mitgliedstaat, der einen Vorbehalt eingelegt hat, kann diesen jederzeit ganz oder teilweise durch entsprechende Notifizierung an den Verwahrer zurückziehen. Die Rücknahme wird zum Zeitpunkt des Eingangs der Notifizierung beim Verwahrer wirksam.